Grenzüberschreitungen: Babett Peter trifft Silbermond Horst Hamann/DFB

Grenzüberschreitungen: Babett Peter trifft Silbermond

  • Derk Hoberg
Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bestreitet am Mittwoch in Dresden ihr Länderspiel gegen Kanada. Die Band Silbermond gibt unweit von Dresden das Abschlusskonzert ihrer Tour. Grund genug, zwei Sächsinnen zueinander zu bringen: Nationalspielerin Babett Peter und Sängerin Stefanie Kloß.

Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bestreitet am Mittwoch (18 Uhr/live in der ARD) im Rudolf-Harbig Stadion in Dresden ihr Länderspiel gegen Kanada. Nur drei Tage später gibt die Rockband Silbermond auf der Hutbergbühne in Kamenz, unweit von Dresden, das Abschlusskonzert ihrer Sommertour. Grund genug, zwei Sächsinnen zueinander zu bringen, die unweit der Landeshauptstadt geboren wurden: Nationalspielerin Babett Peter und Sängerin Stefanie Kloß. Die eine besuchte erst unlängst ein Konzert von Silbermond. Für die andere spielt Sport eine ebenso wichtige Rolle, unter anderem spielt sie gelegentlich selbst Fußball.

Eine gute Konstellation für ein Interview, das allerdings keine Gesprächsführung benötigte. Im Proberaum der Band in Berlin entwickelte sich schnell ein munterer Dialog, bei dem deutlich wurde: Hier sind zwei zusammen gekommen, die sich jede Menge zu sagen haben. DFB.de-Redakteurin Annette Seitz schrieb mit, Starfotograf Horst Hamann begleitete das Treffen mit seiner Kamera. Einen Filmbericht gibt es bei DFB-TV.

Stefanie Kloß: Babett, ich habe mir mal die Geschichte des Frauenfußballs und vor allem der Frauen-Nationalmannschaft genau angeguckt und muss sagen: Das ist ja total krass, Ihr seid ja quasi ungeschlagen.

Babett Peter: (lacht) Außer bei Olympia, da fehlt uns noch die Goldmedaille. Das haben wir noch nicht so richtig hingekriegt. Deshalb wären die Olympischen Spiele 2012 in London auch ein Riesenevent für uns. Natürlich steht aber zuerst unsere Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland an. Darauf freue ich mich schon riesig.

Kloß: Was mich interessieren würde: Du warst ja auf einem Sportinternat. Wie muss man sich das vorstellen. Ich war ja auch auf einem Gymnasium, habe aber erst nach der Schule zu Hause Musik machen können. Wie ist bei Euch der Sport integriert in den Unterricht?

Peter: Ich bin mit 15 Jahren ins Sportinternat gewechselt. Der Unterricht beginnt um 10 Uhr morgens, davor gibt es eine Trainingseinheit. Dann kommst du von der Schule nach Hause und hast wieder Training. Tja, das ist dein Alltag.

Kloß: Hast Du gar keine Zeit gehabt, um noch etwas anderes zu machen?

Peter: Relativ wenig. Ich habe sehr viel gelesen. Es ist relativ schwierig, es zeitlich zu koordinieren, noch andere Sachen zu machen.

Kloß: Der Freundeskreis hat sich dann schon aufs Internat beschränkt, oder?

Peter: Richtig. Wobei das eigentlich ganz cool war, denn auf dem Internat sind ja auch ganz viele Jungs und Mädels aus anderen Sportarten. Da war es schon interessant mitzukriegen, wie die Entwicklung bei den anderen Sportlern vorangeht, wie es bei ihnen genau zugeht. Also, ich möchte die Zeit nicht missen.

Kloß: Was kam danach?

Peter: Ich habe 2007 mein Abitur gemacht. Danach bin ich zur Sportfördergruppe der Bundeswehr, denn zu dieser Zeit war ich gerade auf dem Sprung in die Frauen-Nationalmannschaft. Ich wollte optimale Möglichkeiten, mich im Sport weiterzuentwickeln, und die sind in der Sportfördergruppe gegeben. Seit anderthalb Jahren mache ich nun ein Fernstudium zum Sportmanagement.

Kloß: Cool, das ist eine gute Verbindung.

Peter: Ja, das ist total super. Das Beste, was ich machen konnte. Man hat mal was anderes im Kopf, denn wenn du den ganzen Tag nur über Fußball nachdenkst, es nichts anderes gibt als Fußball, das geht gar nicht. Habt Ihr denn etwas, bei dem ihr so ein bisschen entspannen und abschalten könnt?

Kloß: Die Musik hast du immer im Kopf. Du trägst es ständig mit dir rum. Gerade, wenn du ein neues Album machst und super kreativ bist, ist dein ganzer Alltag davon bestimmt. Wir sind dann auch sehr streng mit uns. Wir sagen: Okay, so lange der neue Song nicht fertig ist, gehen wir eben abends nicht ins Kino oder so. Klingt vielleicht ein bisschen doof, aber sonst kommen wir nicht voran. Deshalb ist es für uns auch schwer, gerade in kreativen Phasen, irgendwie abzuschalten. Aber ich jogge gerne, mehrmals die Woche 45 Minuten. Die Jungs spielen super gerne Fußball, beispielsweise bei Turnieren, die wir veranstaltet haben.

Peter: Und du?

Kloß: Also, ich werde grundsätzlich eingewechselt, wenn es schon 10:0 steht und ich nicht mehr so viel falsch machen kann. Im Angriff haben sie mich nicht gebraucht, ich musste in die Abwehr, weil ich mich dort einfach in den Weg stellen konnte. Da weiß ich, was meine Aufgabe ist: Stehen bleiben und sehen, dass keiner durchkommt.

Peter: Aber Spaß hat es trotzdem gemacht?

Kloß: Schon. Zumal ich vor dem letzten Turnier von den Jungs ein bisschen trainiert wurde. Die haben mir ein paar Kleinigkeiten gezeigt, wie den Ball annehmen, stoppen und so weiter. Wenn du merkst, wie es funktioniert, dann macht es Spaß. Für mich ist es ein faszinierender Sport, vor allem wenn du siehst, wie schwer das eigentlich ist. Wenn man das mal selbst gemacht hat, weiß man erst was dahinter steckt.

Peter: Schaust Du Dir auch Spiele an?

Kloß: In erster Linie im Fernsehen. Die Männer-WM in Südafrika haben wir uns jeden Tag angeschaut, bei uns lief den ganzen Tag der Fernseher. Außerdem waren wir auch beim Public Viewing dabei. Die Übertragung eines Spiels der U 20-Frauen-WM haben wir uns auch angesehen. Wenn wir Frauenfußball gucken, analysieren meine Jungs dann immer die Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball. Dieser Vergleich Frauen mit Männern - wie ist das, habt ihr Euch mittlerweile daran gewöhnt?

Peter: Das bekommen wir immer wieder zu hören. Männer- und Frauenfußball kann man aber nicht miteinander vergleichen. Das ist eine völlig andere Sportart nur mit denselben Regeln. Man würde ja auch nie einen Sprinter mit einer Sprinterin vergleichen.

Kloß: Das stimmt. Wie ist es bei Euch eigentlich mit dem Druck, man muss ja immer Leistung bringen? Vor allem in jungen Jahren stelle ich mir das nicht einfach vor.

Peter: Es ist richtig, dass viele mit der Belastung erst mal zurecht kommen müssen. Bei mir war es ähnlich, ich habe es zu Beginn nur gerade so in den erweiterten Kader der U 16 und U 17 geschafft. Wichtig ist ein gefestigtes Umfeld, das hinter dir steht. Menschen, mit denen du dich ehrlich austauschen kannst. Ich brauche niemanden, der mir sagt, das war super, obwohl ich totalen Mist zusammengespielt habe. Das bringt mir gar nichts. Das ist ja bei Euch bestimmt auch so. In der Nationalmannschaft hat man ja viel mit erfahrenen Spielerinnen zu tun. Dieser Kontakt ist unheimlich wichtig und bringt dich als junge Spielerinnen weiter. Wobei es natürlich klar ist, dass es auch eine Hierarchie gibt.

Kloß: Ich bin ja froh, dass ich als einzige Frau in einer Band spiele. Es kann ja häufig schwierig werden in reinen Frauen-Bands. Gibt es solche Eitelkeiten unter Frauen auch im Sport?

Peter: Na ja, es gibt eben einen Konkurrenzkampf. Klar, dass du nicht mit jeder beste Freundin sein kannst. Aber so richtig rumgezickt wird eher selten bis gar nicht.

Kloß: Ihr müsst ja auch zusammen spielen. Wenn ich eine nicht mag, dann kann ich ihr aus dem Weg gehen und muss nicht wie Du 90 Minuten mit ihr auf dem Feld stehen. Und muss auch nicht damit klar kommen, dass andere mehr im Mittelpunkt stehen, weil sie wieder ein tolles Tor geschossen haben.

Peter: Also, ich sage Dir ganz ehrlich: Ich bin froh, dass ich Abwehrspielerin geworden bin, denn das ganze Tohuwabohu liegt mir gar nicht. Gerade als Abwehrspielerin steht man ja nicht so im Fokus.

Kloß: Als Sängerin stehe ich mehr im Blickpunkt, weil ich eben vorne stehen muss und nicht die Jungs. Aber auf der anderen Seite sehe ich uns genau so als Team, wie Ihr es seid. Man ist nur so stark, wie das schwächste Glied. Silbermond sind vier Leute. Keiner ist wichtiger als der andere. Auch wenn ich nach außen dastehe als die Person von Silbermond und die Stürmerinnen als die Personen der Mannschaft – es ist trotzdem so, dass einer ohne den anderen nicht kann. Genau so wie Eure Stürmerinnen sagen: Passt auf, wir könnten nicht so spielen, wenn die anderen uns nicht den Rücken freihalten, sage ich: Ich bin nicht Silbermond, sondern wir alle. Mit dem Druck, der öffentlichen Erwartungshaltung, damit müssen wir dann ja auch alle klar kommen.

Peter: Das ist bei uns genau so. Wir haben nächstes Jahr die WM im eigenen Land und jeder erwartet, dass wir den Titel holen. Das wäre dann schon zum dritten Mal in Folge, was an sich ja schon eigentlich eine unglaubliche Leistung wäre. Mit diesem Druck müssen wir umgehen und ich denke, das können wir auch. Aber einfach ist das sicher nicht.

Kloß: Bei uns war es doch nach dem zweiten Album das Gleiche. Alle haben erwartet, dass das dritte genauso läuft und direkt auf Platz eins schießt. Und unser Problem war dann, dass wir erst mal mit dem Gedanken rangegangen sind: Was erwarten die Leute, was könnte ihnen gefallen? Das ist der komplett falsche Ansatz. Das ist das Gleiche, wenn du auf das Spielfeld gehst und denkst, das Publikum erwartet jetzt dies oder jenes, und das muss ich jetzt so oder so machen. Du musst tun, was du für richtig hältst, und wenn die Fans buhen, dann ist es halt so. Wir haben uns dann gedacht, wir machen das, was wir gut finden. Wir müssen auf uns selbst hören. Denn nur wenn du das, was du machst, selbst gut findest, dann kannst du es auch anderen Leuten vermitteln.

Peter: Hat ja sehr gut funktioniert, das Album ist ja auch total schön geworden. Für mich ist ja Sport ohne Musik fast undenkbar. Zur Motivation höre ich vor dem Spiel immer Musik und wir lassen sie in der Kabine auch immer laut zur Einstimmung laufen. Musik ist eine der schönsten Kunstformen, die ich kenne. Sie kann berühren, aufpushen, beruhigen. Alles.

Kloß: Musik polarisiert sehr schnell. Entweder man mag eine Stilrichtung oder nicht. Ihr habt es wesentlich einfacher, denn Sport verbindet. Man hat das ja zuletzt bei der Männer-WM gesehen: Plötzlich ist ein Land eine Nation. Jeder ist dabei. Das Gefühl auf den Straßen war toll. Egal, wie fremd sich die Leute waren, man war sich nah. Nur durch Fußball.

Peter: Wir hoffen natürlich, dass das bei unserer WM 2011 genauso wird.

Kloß: Bestimmt. Und ich habe mir fest vorgenommen, dann auch Spiele im Stadion anzuschauen.

Quelle: Direktion Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

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