„Ziemlich nerdiges Zeug“ Sponsors - Marco Klewenhagen
Sponsors-Chef Marco Klewenhagen im Interview

„Ziemlich nerdiges Zeug“

  • Frank Schneller
Sie schreiben seit 25 Jahren über Marketing-Strategien, Sponsoring-Pakete und Rechte-Poker. Veröffentlichen Studien und Marktanalysen. Ihre Expertise ist aus der Berichterstattung über das Business im Sport nicht wegzudenken. Sie ist oftmals sogar die Quelle. Aber was sind die Kolleg*innen des Sportbusiness-Organs SPONSORs? Leitmedium? Verlautbarungsorgan? Kompass der Branche? Oder doch vielmehr Eventveranstalter? Der geschäftsführende Gesellschafter der SPONSORs Verlags GmbH und SPONSORs-Herausgeber Marco Klewenhagen (49) erklärt im Interview mit Frank Schneller, wie sich sein Redaktionsteam in der Branche selbst verortet. Und welche Rolle die inzwischen mehrtägige und hochangesehene Fachmesse SPOBIS spielt.
Herr Klewenhagen, Sie haben mal, wie Sie betonen „richtig Journalismus gelernt“. Sind SPONSORs und die Arbeit Ihrer Redaktion kein klassischer Journalismus?

Marco Klewenhagen: Auf der Basis eines klassischen Fachverlages haben wir ja diverse neue Geschäftsfelder erschlossen. Das Magazin beziehungsweise Abonnement, inklusive Onlinezugang, ist nicht mehr der wirtschaftliche Treiber, mit anderen Produkten und Dienstleistungen verdienen wir mehr. Aber die Grundlagen für Branchenwissen und Netzwerk kommen weiterhin aus der redaktionellen Arbeit. Content ist der rote Faden durch unser Unternehmen.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Unser Handwerk basiert auf journalistischem Know How und Verständnis: sauber recherchieren, viele Gespräche führen, Fakten herausarbeiten, Vertrauen aufbauen. Wir liefern ja auch viele Zahlen und Fakten, die andere Medien dann aufgreifen. Allerdings sehe ich uns nicht als Story-Schreiber. Wir sind eher Analysten und Ratgeber, die faktisch stichhaltige, klare Texte liefern, bestenfalls auch lesbar geschrieben. Aber: Wir mischen den Stücken keine Meinung bei, keine Emotionen. Wir machen Service-Journalismus, der braucht keine Emotionen und wir suchen sie daher auch nicht. Das ist sicherlich eine Abgrenzung zu vielen anderen journalistische Angeboten.

Zumal Ihre Zielgruppe eine ganz spezielle ist. SPONSORs ist ja kein Publikumstitel.

Richtig. Wenn der Marketingleiter eines großen Unternehmens oder Fußballclubs unseren Fünfseiter zu einem Thema durchs Haus schickt und sagt: „Das müsst Ihr gelesen haben, das ist Pflichtlektüre“ – dann haben wir unseren Job gemacht. Für klassische Journalisten ist das nicht unbedingt ein Ansatz oder Ziel. Wir versuchen, guten Content mit Service-Charakter, Mehrwerten und Nutzen im B-to-B-Bereich zu liefern. Wir bewegen uns gefühlt irgendwo zwischen McKinsey, Nielsen und Brand Eins. Das ist für uns sehr anspruchsvoll.

Ist das dann eigentlich alles Special Interest?

Naja, meistens jedenfalls ganz schön nerdiges Zeug – das muss man mögen.

Ist SPONSORs bei der Recherche journalistisch unabhängig? Oder angesichts der anderen Geschäftsmodelle zwangsläufig befangen?

Wir sind nicht unabhängig. Wir sind Teil dieser Branche. Das sage ich auch jedem, der hier durch die Tür kommt. Wir sind nicht BILD oder SPIEGEL, die blutgrätschend das nächste Ding aufdecken. Was nicht heißt, dass uns egal ist, was in unserer Branche passiert. Wir ärgern uns häufig über große Sportorganisationen wie FIFA, UEFA, IOC oder DFB, weil da wieder irgendwas gesetzwidriges anrüchiges oder zumindest instinktloses passiert ist. Privat sowieso, aber auch beruflich, weil wir ein natürliches Interesse daran haben, dass es der Branche gut geht und alles professionell und seriös ist. Aber: Sind wir diejenigen, die das ausrollen? Nein. So zu tun, als wären wir Außenstehende wäre bigott, doppelzüngig.

Sind das SPONSORs-Magazin und die täglichen digitalen Newsletter eine Art Leitmedium?

Mein Bild ist: Wir sitzen mit der Branche auf dem selben Schiff, auf dem jeder seine Funktion hat. Wir sitzen dabei oben im Ausguck. Geben Signale, wo man vielleicht hinsteuern sollte und melden, wenn irgendwo ein Eisberg zu sehen ist. Und, ja – wir petzen und rufen auch mal, wenn es auf und unter Deck nicht funktioniert.

Aber eine moralische Instanz wollen Sie nicht sein.

Nein. Und schon gar keine selbsternannte. Wenn man selbst in einem Markt involviert ist, finde ich es schwierig, andere im selben Markt zu maßregeln. So zu tun, als ob man nicht Teil dessen sei, empfinde ich als selbstgerecht. Zudem hängt die Messlatte an den Sport ohnehin schon hoch. Der gesellschaftspolitische Anspruch, der an den Sport oft gestellt wird, besser zu sein als die Welt an sich, ist weder fair noch realistisch. Der Sport und das Sportbusiness dahinter sind Spiegelbild der Gesellschaft – im Guten wie im Schlechten.

Wie fällt Ihr Vergleich mit anderen Sportfachpublikationen aus?

Viele Fachmedien sind bei genauer Betrachtung vor allem PR-Medien, die eine Lobbyfunktion für eine Branche übernehmen. Ich nehme für uns in Anspruch, dass wir deutlich neutraler sind. Wir jubeln nicht und wollen nicht unterhalten, boulevardesk oder zynisch sein. Stimmungstechnisch sind wir eher knapp vor dem TÜV einzuordnen. Wenn wir unseren Job gut machen, schaffen wir Grundlagen, auf die viele aufsetzen können. Wenn beispielsweise die DFL uns zuflüstert: „Ihre Analyse und Zusammenfassung zu unserer Ausschreibung war gut, die haben wir an die ganze Liga geschickt“, ist das natürlich eine Bestätigung ...

… ein gutes Sprachrohr zu sein …

Stopp. Wir schreiben das ja nicht so auf, wie uns das der Liga-Chef diktiert hat. Zu unserem journalistischen Anspruch gehört – und das ist mir sehr wichtig –, dass wir uns nichts vorschreiben oder diktieren lassen. Darum habe ich immer gekämpft, was als Fachmedium nicht einfach ist. Links Anzeige, rechts Text – das hat’s auch noch nie gegeben bei uns. Wer unsere Texte in Ruhe liest, kann oft auch kritische Töne vernehmen. Insbesondere in Kommentaren. Aber wir sind eben Teil des Ganzen, partizipieren davon und grätschen daher die eigene Branche nicht ab.

„Da kommt der Sportbusiness-Kapitalist“ heißt es hinter vorgehaltener Hand oft, wenn Sie als Experte öffentlich auftreten …

… ja, das schiebt mich echt in eine Ecke. Naturgemäß bin ich natürlich pro Sportbusiness, aber eben auch weitgehend unabhängig und kann daher Dinge sagen, die für andere schwieriger auszusprechen sind. Bei Talkshows sitze ich da dann immer wie der FDP-Vogel, der die maximale Kommerzialisierung des Sports fordert.

Und das ist falsch?

Ja. Privat sowieso, aber auch beruflich. Natürlich sind wir für die Professionalisierung des Sports, für die Erschließung neuer Geschäftsfelder und Märkte. Alles andere wäre gelogen. Wir reden und schreiben über Sponsoring und Vermarktung – da kann ich nicht skandieren: „Wir sind gegen die Kapitalisierung im Sport. Schafft sie ab!“ Oder „Vermarktung ist was ganz Böses.“ Ich kann Sponsorings und Marketingstrategien hinterfragen, analysieren, kritisieren, aber ich stelle sie nicht grundsätzlich in Frage. Die 50+1-Diskussion beispielsweise ist eine gute, spannende Diskussion. Uns stört dabei nur, wenn sie ideologisch geführt wird. Das wird schnell populistisch, verlässt die faktische Ebene und niemand hört dann mehr Argumenten zu. Wir versuchen lieber, Pro und Contra sachlich zu beleuchten.

Ihr Flaggschiff ist inzwischen der jährliche SPOBIS. Dort kooperieren Sie mit vielen Playern der Branche. Schließt das journalistische Unabhängigkeit nicht aus?

Bei SPOBIS-Partnern, von denen wir Geld bekommen, ist das nach außen auch immer klar deklariert. Jeder kann erkennen: Das ist verkaufter Platz, eine Plattform gegen Gebühr. Im Print vergleichbar mit Advertorials. Auf Plattformen, auf denen wir gemeinsam transparent mit den Partnern auftreten, versuchen wir außerdem, inhaltlich immer so gut zu sein, dass diese nicht zur reinen Selbstdarstellung mutieren. Wir wollen, dass ein Dialog, Diskurs oder Interview immer noch Mehrwert hat.

Knirscht‘s beim Kampf gegen Eigenwerbung hinter den Kulissen?

Ja, das sind für uns oft sogar die zähesten, härtesten Kämpfe. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Partnerschaftsaktivierungen, also was auf einer Bühne inhaltlich stattfinden soll, werden nicht selten noch mal die Notizen der Vorgespräche oder gar die Verträge herausgezogen, um klarzustellen: Die redaktionelle Entscheidungshoheit haben wir. Meistens lohnt sich dieses Ringen, entsteht am Ende ein Nutzen für alle. Das ist sicher auch Teil der Erfolgsformel: Dass wir es auch hier schaffen, unsere Glaubwürdigkeit beizubehalten.

Von der Fachmesse SPOBIS, Ihrem Profitcenter, zurück zu Heft, Newsletter und Social Media: Das Heft mit einer Auflage von nur 2.000 pro Quartal, der täglich digital verschickte Newsletter mit rund 20.000 Abonnent*innen und eine Social-Media-Gefolgschaft von ca. 40.000 hoch ist die Abdeckung der eigentlichen Zielgruppe?

Rund 80%. Denn: Sportbusiness ist der größte Scheinriese. Sport selbst ist Gigantismus pur, aber wenn man sich alleinig auf die Menschen, Institutionen und Unternehmen fokussiert, die das Geschäft im Hintergrund bewegen, ist es eine vergleichsweise Mini-Branche.

Ist das Printprodukt dann nur noch eine edle Visitenkarte?

Es ist noch immer unsere DNA und sichtbarer Ausdruck, was wir sind und wofür wir stehen. Deswegen leisten sich ja auch viele große Marken, zum Beispiel aus dem Konsumgüterbereich, ein eigenes Magazin. Es untermauert Nachhaltigkeit, Ernsthaftigkeit – und bei aller Digitalisierung: Mit der Hand übers neue Cover gehen, der Geruch eines frisch produzierten Hefts, das ist doch eine große Freude. Ein gut gemachtes Magazin hat einen besonderen Wert. Da steckt so viel Arbeit drin. Wie bei einem guten Wein. Sie sehen: Beim Gedanken daran werden auch Sportbusiness-Menschen zu Romantikern.

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