Ohne Authentizität geht es nicht! gettyimages.de -- Am 9. August findet die Spielmacher Konferenz in Hamburg statt
Vor der Spielmacher-Konferenz in Hamburg

Ohne Authentizität geht es nicht!

  • Redaktion
Octagon-Deutschlandchef Karsten Petry (unten im Bild) mit Blick auf die Spielmacher Konferenz in Hamburg über: Haltung, Kampagnen, Storytelling, Technologie- und eSports-Boom.
Herr Petry, die Spielmacher Konferenz und Octagon sind fürs Jahr 2018 eine Partnerschaft eingegangen. Was erwarten Sie sich davon und von der Fußball-Wissenstransfermesse am 9. August in Hamburg?

Karsten Petry, Managing Director von Octagon Germany: Die Partnerschaft unserer beiden Marken ist ein guter Fit – kreativ, dynamisch, innovativ. Wir sind überzeugt, Mehrwerte für die Teilnehmer liefern zu können und freuen uns auf den Dialog mit ihnen. Der Zeitpunkt der Spielmacher Konferenz – kurz nach der FIFA WM – ist ideal, um die heißen Themen des Sommers, die wir maßgeblich mitgestalten, zu besprechen. Und uns auch inspirieren zu lassen.“

Bei der FIFA WM in Russland betreute Octagon als Full Service Agentur verschiedene Sponsorings auf der ganz großen Bühne. Ist die Fußball Weltmeisterschaft als Sponsoring-Plattform für Octagon mittlerweile schon Routine?

Wir haben neue Kunden gewonnen und auch Bestandskunden haben neue Ziele – ergo müssen wir immer etwas Neues entwickeln und umsetzen. Jede WM ist anders – das bringen alleine die wechselnden Austragungsländer und Städte mit sich, Routine wird das daher nie. Natürlich bringt unsere langjährige WM- und FIFA-Erfahrung einige Lerneffekte und Know-how mit sich. Darauf lässt sich gezielt aufbauen und es gibt weltweit keine andere Agentur, die einen solche Expertise vorweisen kann.

Die WM in Russland hatte einen politischen Beigeschmack. Zum einen war die Rede von Doping-Sperren und Einreiseverboten, zum anderen war die WM immer wieder Anlass, um die Diskussion rund um das Thema “Kommerzialisierung im Fußball” erneut aufzumachen. Hat dieses Umfeld direkten Einfluss auf Kampagnen und Storylines?

Politischen und gesellschaftlichen Themen muss sich „der Sport“ mit seiner globalen Strahlkraft stellen: Rassismus, Homophobie, Verletzung von Menschenrechten und Pressefreiheit – um nur einige davon zu nennen. Dass allerdings ein Teil der Protagonisten im Sport mit politischen Dimensionen überfordert zu sein scheint, zeigen die aktuellsten Diskussionen rund um Qatar 2022, die von der FIFA auferlegten Strafen an einzelne Verbände und Funktionäre während der WM. Vor allem aber auch der Umgang von DFB-Verantwortlichen mit der „Erdogan-Affäre“ und dem Scheitern bei der WM. Solche Themen und die Medienresonanz darauf haben dann durchaus Einfluss auf Unternehmen und ihre Kommunikation. Wenn ein Spieler der deutschen Nationalmannschaft auf einmal von der Verbandsspitze als Sündenbock dargestellt wird oder zumindest so rüberkommt, dann muss ein Partner überlegen, ob dieser Teil der Kampagne wird oder nicht. Vielleicht gerade dann. In diesem Fall nun nicht mehr, da der Spieler ja zurücktrat. Aber: Das Beispiel Özil zeigt, dass sich die DFB-Partner und ihre Agenturen permanent mit solchen Themen beschäftigen, eine Meinung bilden und vor allem eine Haltung einnehmen müssen.

Lassen wir die Weltmeisterschaft nun hinter uns: Was macht für Sie eine erfolgreiche Kampagne aus?

Karsten PetryJedenfalls nicht die häufig genannten Attribute „Uniqueness“ oder „bislang ungesehen“. Das sind beides noch keine Qualitätskriterien und sicherlich gibt es Gründe, warum man gewisse Ideen oder Kampagnen nicht gesehen hat. Insofern kommt es auf die so genannte Shared Story an. Das ist unser Leitgedanke, den verfolgen wir immer. Für uns bedeutet dies, eine glaubwürdige Geschichte zu erzählen, die gleichermaßen auf Marke, Plattform und Zielgruppe beruht. Damit schaffen wir einzigartige Stories und differenzieren uns zum Wettbewerb.

Eine Kampagne muss also eine Geschichte erzählen oder haben: Storytelling und Storyline. Ist das vergleichbar mit einer journalistischen Einschätzung einer Geschichte?

Storytelling ist das A und O in unserem Metier. Wir wollen ein emotionales Umfeld schaffen. Es muss klar für uns sein: Was passt gleichermaßen zum Umfeld, zur Plattform, zur Sportart, zu einem Verein, seiner Fanbase, seiner Historie – und natürlich zum Kunden und zu seiner Überzeugung. Wofür steht die Marke? Was ist authentisch?

Inwiefern ist die Digitalisierung und Technologie ein Game-Changer im Sportsponsoring?

Ist nicht jeder technologische Fortschritt ein Game-Changer, egal für welche Branche? Die Digitalisierung in nahezu allen Lebensbereichen ist derzeit die am schnellsten wachsende Entwicklung, die vor allem von der jüngeren Generation getrieben wird. Aber das Radio, danach das Fernsehen, die privaten Sender, das Internet, Mobiltelefone, Smartphones – all das waren ebenso Fortschritte, die für die jeweiligen Generationen völlig normal waren und zu deren Entwicklung automatisch dazu gehört haben. Die jeweils älteren Generationen, die mit den Vorgänger-Technologien aufgewachsen sind, haben das indes als wirkliche Revolution betrachtet. Genau so müssen wir auch die derzeitigen Entwicklungen ganz unaufgeregt einordnen und sie ebenso – wie diese früheren Fortschritte – in unsere Überlegungen und Kampagnenentwicklungen einbeziehen. Aber so einbeziehen und anwenden, wie es sinnvoll ist: zielgerichtet, zielgruppengerecht, authentisch und nicht aus reiner Tech-Verliebtheit und Digitalisierungswahn.

Welche Relevanz erlangt eSports in den kommenden fünf Jahren?

Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass eSports eine relevante Rolle im Sport- und Entertainment-Markt spielen wird. Dass es zu einem Lifestyle wird, wage ich derzeit zu bezweifeln. Relevant heißt dabei für mich, dass eSports einen großen Teil bei der Freizeitgestaltung von jüngeren Zielgruppen einnehmen wird: sowohl beim Konsum via Bewegtbild – alleine und als „Event“ in einer Community – als auch beim Live-Erlebnis in Hallen und Stadien. Ebenso bedeutet es, dass Gelder von Unternehmen immer häufiger in eSports fließen werden, da dieses Umfeld als Kommunikationsplattform genutzt werden wird – neben bislang gängigen Umfeldern wie traditioneller Sport, Musik- und Show-Events. Es wird Budget-Verschiebungen geben, aber ich fange jetzt hier definitiv nicht mit dem Abgesang auf traditionelle Sportarten an.

Klassische Sport- und auch Fußballsponsorings befinden sich oft in einem eindeutigen Identitätskorsett: Strukturen, Plattformen und Stakeholder sind seit Jahren weitestgehend dieselben. Ist eSports auch deswegen so gehyped, weil es zunächst ein Spiel auf einer völlig grünen Wiese ist?

Die Kritik an klassischen Sponsorings hat nichts damit zu tun, dass handelnde Personen oder Strukturen gleichbleiben. Es hat damit zu tun, dass viele Sponsoren und deren Agenturen noch in Banden, Interviewrückwänden, Klatschpappen und Meet & Greets denken. Kommen hier gemeinsam entwickelte Storys und Kampagnen mit entsprechend kreativer Umsetzung zum Tragen, ist Kritik an Partnerschaften im klassischen Sportumfeld völlig fehl am Platze. Natürlich übt eSports auch den Reiz des Neuen, Unverbrauchten aus. Hier wird derzeit viel getestet und Erfahrungen werden gesammelt. Wenn aber Partnerschaften im eSports nicht auch mittelfristig authentisch sind und gelebt werden, wird es die selbe Kritik geben. Ohne Authentizität geht es nicht.

Ihre aktuelle Studie rückt das Thema eSports in den Fokus. Was unterscheidet eSports-Fans von klassischen Sport-Fans?

Das werden wir auf der Spielmacher Konferenz thematisieren, darum möchte ich hier nicht vorgreifen. Nur so viel: Sie sind deutlich individueller und auf sich bezogener. Mehr dazu dann auf der Insight Stage vor Ort. (Anm. der Redaktion: Und im Nachgang auch hier auf netzathleten.de)

Hier findet Ihr alle weiteren Infos zur Spielmacher Konferenz

Interview: Redaktion Spielmacher Konferenz und Frank Schneller



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