Business Goals (5) – Der richtige Matchplan entscheidet gettyimages.de -- Der deutsche Traum von der Titelverteidigung in Russland ist geplatzt
Die WM-Kolumne von Dennis Trautwein

Business Goals (5) – Der richtige Matchplan entscheidet

  • Dennis Trautwein
Nun trennt sich bei der WM in Russland die Spreu vom Weizen. Sportlich betrachtet. Die Achtelfinalspiele stehen an. Und die DFB-Auswahl ist nicht dabei. Mit einem Scheitern des Titelverteidigers in der Vorrunde hat sicher kaum jemand gerechnet, auch wenn amtierende Weltmeister schon häufig frühzeitig entthront wurden in der Vergangenheit. Eine Ursachenforschung betreibe ich hier nicht. Dafür sind andere zuständig. Fraglos aber hat das Abschneiden der Mannschaft einen Imageschaden verursacht.
Freuen wir uns also auch ohne deutsche Beteiligung auf spannende Spiele in der zweiten Phase dieser WM. In den Alles-oder-Nichts-Spielen müssen neue Strategien entwickelt werden, um zum Erfolg zu kommen. Wer sich durchsetzen will, muss einen stimmigen Matchplan haben. Auch für die Player abseits des Spielfelds, für die WM-Partner und -Sponsoren, die Sie täglich im TV sehen – mal mehr, mal weniger bewusst – geht es darum, sich abzuheben. Den Fernseh-Zuschauer ‚erreicht’ man mit Bandenwerbung, aber die Millionen Anhänger vor Ort, die müssen auch noch anderweitig angesprochen und für eine Marke begeistert werden. Vor allem in den sozialen Netzwerken, die längst mehr als nur virtueller Raum sind.

Keine Frage: Die WM in Brasilien 2014 galt schon als Social Media World Cup, hier in Russland aber erleben wir gerade noch mal eine erhebliche Steigerung. Die Vielfalt an Kanälen und digitalen Spielmöglichkeiten stellt die WM 2014 klar in den Schatten. Auch die Sponsoren haben das natürlich erkannt. Viele Partner-Aktivierungen vollziehen sich im Netz. Obendrein bewegt sich die FIFA selbst auf einem höheren digitalen Niveau. Sie ist mit dem Markt gegangen, hat in China‘s sozialen Netzwerke gelauncht, was natürlich dem Umstand Rechnung trägt, dass etliche chinesischen Unternehmen bei der FIFA eingestiegen sind. Obgleich, vielen von ihnen ist die Emotionalisierung ihrer Marke gar nicht so wichtig. In China reicht es häufig, dabei zu sein und damit zum Ausdruck zu bringen: Wir sind Global Player.

Uns geht es indes sehr wohl darum, die technologische Weiterentwicklung und allem voran natürlich die Social Media-Kanäle für unsere Kunden zu nutzen, den Fan mit Branded Content anzusprechen, ihm Mehrwerte zu liefern. Und durch entsprechende Assoziierungen letztlich auch Mehrwerte für die jeweilige Marke zu generieren. Ein Beispiel: Octagon verwandelte gemeinsam mit Budweiser die noch bei der WM 2006 als Marketing-Option quasi ungenutzte Wahl des ‚Man of the Match’ – Experten in einer FIFA-Kommission wählten des besten Spieler einer Partie –in eine echte Fan-Aktivierung. Seit der WM 2010 in Südafrika ist das eine lebendige Fan-Voting-Geschichte, unabhängig vom unmittelbaren Bezug der Marke zur Aktion, die Marke aber dennoch im unmittelbaren Umfeld des Spiels platziert. Seit 2014 wird die Trophäe auch von Fans überreicht, unmittelbar nach dem Spiel findet im Spielertunnel ein kleines Interview statt, geführt von Konsumenten, Influencern oder Promis und basierend auf zuvor über die FIFA-Kanäle generierte Fan-Fragen. Das Ergebnis wird über dieselben Kanäle dann wieder verbreitet – annähernd ‚live’, also mit nur geringer Zeitverzögerung. #BUDMOTM zählt zu den erfolgreichsten Hashtags bei der WM.

Derartige Aktivierungen unterliegen natürlich stets den FIFA-Regularien hinsichtlich werblicher Nutzungsbestimmungen. Dabei muss man festhalten, dass diese zunächst einmal dem Schutz der FIFA-Partner und -Sponsoren dienen. Die Regeln sollen zudem Ambush-Marketing verhindern und eigene Marken stärken: Vom Maskottchen, übers Logo bis hin zu den Event-Titeln ist alles geschützt. Ein Closed Shop, der nur für die FIFA und ihre Partner zugängig ist. Und selbst diese Nutzungsrechte sind sehr streng abgefasst. Die Branding-Regeln legen alles bis ins Detail fest. Da hört man von den Unternehmen schon mal: „Wir bezahlen so viel, warum dürfen wir denn dies und das nicht?“ Darum bedarf es der Expertise, die Regeln entsprechend zu interpretieren, um für die jeweilige Marke das Maximum herauszuholen.

Wenn es uns gelingt, die für eine Marke richtigen Botschaften und Inhalte in die richtigen Kanäle zu leiten, dürfen wir behaupten, dass wir mit unserem Angebot aus Erfahrungen, Beziehungen und Kreativität erfolgreich sind. Dann kristallisiert sich – und das ist aus unternehmerischer Sicht natürlich auch wichtig – unsere USP, unser Alleinstellungsmerkmal heraus. Wenn Kampagnen greifen, belegt das: Wir verstehen die FIFA, den Fußball und den Fan.

Inwieweit dieses Verständnis auch Auswirkungen darauf hat, dass der Fan im Stadion sein Bier bestellen kann und dass dieses Bier dann auch kalt ist, erkläre ich im nächsten Beitrag. Man darf gespannt sein, wer sich zu der Zeit dann noch auf Titelkurs befindet.

Bis bald, Ihr Dennis Trautwein



trautweinZur Person: Dennis Trautwein

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war auch Dennis Trautweins ganz persönliches Sommermärchen – die erste WM-Teilnahme des damals 26-Jährigen: Sein Job im WM-Organisation-Komitee war der perfekte Einstieg ins Berufsleben. Und ein prägender. Denn Fußball-Weltmeisterschaften sollten auch nach seinem Wechsel zu Octagon Germany im Jahr 2007 eine große Rolle für den heute 38-Jährigen spielen. Sein strategischer Fokus lag in der Folge auf den FIFA WM-Turnieren 2010, 2014 – und aktuell natürlich auf der WM 2018 in Russland. Dennis Trautwein ist hierzulande einer der führenden Sportmarketingexperten – und absoluter Szenekenner.



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