Warum, lieber Lothar? picture-alliance. Lothar Matthäus will raus aus dem Boulevard - ob ihm das mit einer Serie auf VOX gelingt?

Warum, lieber Lothar?

  • Nils Borgstedt
Lothar Matthäus ist ohne Zweifel einer der besten Fußballer, die Deutschland je hatte. Weltfußballer, Weltmeister, Deutscher Meister, DFB-Pokalsieger, italienischer Meister, italienischer Supercupsieger, UEFA-Cup Sieger, und und und. Und nun? Lothar Matthäus bekommt seine eigene Fernsehserie. Man fragt sich: Muss das sein?

Matthäus nimmt den Ball gekonnt mit rechts an, legt ihn sich, vorbei am Gegenspieler, auf den linken Fuß und zieht ab. Der Ball schlägt im langen Eck ein und Deutschland führt mit 1:0. Etwas später im gleichen Spiel: Matthäus holt sich in der eigenen Hälfte den Ball, marschiert durchs Mittelfeld, lässt einen Gegner aussteigen, ein strammer Schuss mit Rechts – Tor. Es war die WM 1990 in Italien im Spiel gegen Jugoslawien. Matthäus war auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt, führte die deutsche Mannschaft als Kapitän zum WM-Titel. Anschließend wurde er Weltfußballer des Jahres – als bisher einziger Deutscher.

Und heute? Lothar Matthäus, so erfolgreich, zielstrebig und ehrgeizig er in seiner aktiven Karriere war, so sehr scheinen ihm diese Eigenschaften danach abhandengekommen zu sein. Jedenfalls, wenn man Soll- und Ist-Wert seiner Aussage: „Ein Lothar Matthäus gehört in den Sportteil und nicht auf die Klatschseiten. Und genau daran arbeite ich.“ betrachtet.

Dabei hat Matthäus aber ein entscheidendes Problem: Ihm fehlt der sportliche Erfolg. Konnten früher sportliche Erfolge die Boulevardberichterstattung noch „kompensieren“, fällt Matthäus kaum noch in sportlicher Hinsicht auf. Auch ein Sieg gegen Deutschland als ungarischer Nationaltrainer und eine Meisterschaft in Österreich als Co-Trainer von Giovanni Trappatoni können darüber nicht hinwegtäuschen. Sein Privatleben beschäftigt jedoch nach wie vor die Medien, und er liefert ihnen ausreichend Nahrung.

Und wie um alles in der Welt soll sich das ändern, lieber Lothar und auch liebes Matthäus-Management, wenn ab dem 24. Juni 2012 ganz Deutschland auf VOX direkt im Privatleben dabei sein kann? In bester Katzenberger-Manier wird das Idol einer ganzen Fußballer-Generation den Fernsehzuschauer mit in sein Wohnzimmer, zum Skifahren und in den Urlaub mit der Freundin nach New York nehmen. Klingt mehr nach Boulevard, als nach Sport.

Dennoch finde ich, hat Lothar Matthäus recht: er gehört in den Sportteil. Allerdings wird das mit einer solchen TV-Aktion nicht gelingen. Matthäus selbst sagt, er „gehe davon aus, dass man viel Neues entdeckt, das man von mir noch nicht kennt. Ich bin überzeugt, dass es gewisse Dinge gibt, die man mir gar nicht zutraut.“ Sollte er damit andeuten, dass er ein neues taktisches Spielsystem erklären wird, kann sich das Blatt natürlich wenden und Matthäus wieder Einzug in den Sportteil der Gazetten erhalten. Es wäre ihm zu gönnen.

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