Eine Sportart, zwei Stile – klassisch vs. Skating beim Langlaufen picture-alliance

Eine Sportart, zwei Stile – klassisch vs. Skating beim Langlaufen

  • Nils Borgstedt
„Langlaufen ist eine sehr intensive Sportart, fast schon eine Lebenseinstellung“, sagt Jens Filbrich. Der Frankenhainer wird für Deutschland in Vancouver an den Start gehen. Es werden Rennen im freien und im klassischen Stil gefahren. Wir sprachen mit Jens Filbrich darüber, was die beiden Stile unterscheidet und auszeichnet.

Am Montag sind die Langläufer und Biathleten nach Vancouver, genauer gesagt nach Whistler, aufgebrochen. Mit von der Partie ist auch netzathlet Jens Filbrich, der im Langlauf auf Medaillenjagd gehen wird. Die angesetzten Rennen werden im klassischen und im freien Stil ausgetragen. Beim freien Stil sind die Athleten in der Regel in der Skating-Technik unterwegs. „Durch die beiden Stile wird Langlaufen sehr abwechslungsreich“, sagt der Profi Jens Filbrich. Doch wodurch unterscheiden sich die beiden Stile eigentlich?

Klassisch vs. Skating – Teil 1: die Bewegung
Ein großer Unterschied der beiden Stile ist die Bewegung. Wer schon mal ein Rennen im klassischen Stil und im Skating gesehen hat, der wird festgestellt haben, dass die Strecken für die jeweilige Disziplin anders präpariert sind. „Der zentrale Unterschied ist, dass man im Klassischen in einer festen Spur fährt, eine diagonale Vorwärtsbewegung macht und sich gerade aus bewegt“, erklärt der WM-Bronzegewinner von 2007. Bei der diagonalen Bewegung im klassischen Stil werden immer der rechte Arm und das linke Bein hinten bzw. das rechte Bein und der linke Arm nach vorne geführt und umgekehrt. Dabei drückt man sich über den Fuß nach vorne ab.

„Das Skating ist die etwas dynamischere und auch schnellere Stilrichtung“, sagt Filbrich. Hier fährt man nicht in einer festen Spur sondern auf einer plattgewalzten Schneefläche. Die Bewegung beim Skating ist eine Seitwärtsbewegung. „Man stößt seitlich mit den Skiern ab, um nach vorne ins Gleiten zu kommen“, erklärt der Profi weiter. Innerhalb des Skatings gibt es eine Vielzahl an zusätzlichen Stilen und Bewegungsabläufen, die sich vornehmlich durch verschiedene Arm- und Beineinsätze unterscheiden. Dazu gehören unter anderem der Schlittschuhschritt ohne Stockeinsatz, der Eintakter, der Zweitakter symmetrisch und asymmetrisch, der Halb-Schlittschuhschritt sowie der Doppelstockschub.

Klassisch vs. Skating – Teil 2: das Material
Der zweite große Unterschied der beiden Stile im Langlauf ist das Material. In dieser Beziehung gehen die Differenzen von Ski- und Stocklänge über die Spannung des Skis bis hin zum Wachs. „In der Regel ist der Skating-Ski etwas, bei mir persönlich 10 cm, kürzer als der Klassisch-Ski“, erklärt Filbrich. „Bei den Stöcken verhält es sich genau anders herum. Hier sind die zum Skating etwas länger.“ Neben der Ski- und Stocklänge werden die Ski für beide Stile unterschiedlich präpariert. „Der größte Unterschied besteht sicherlich darin, dass im Klassischen Stil mit so genanntem Steigwachs gelaufen wird, das genau in der Mitte der Ski aufgetragen wird.“ Skatingski hingegen sind komplett auf das Gleiten ausgelegt und haben keine Steigzone. Dies zeigt sich auch in der unterschiedlichen Biegeline. Der Skating-Ski ist dabei etwas steifer als der Klassisch-Ski. Auch bei Belastung soll der Mittelteil des Skis nicht auf den Untergrund stoßen. Damit soll eine optimale Druckverteilung auf den Ski und somit ideale Gleiteigenschaften erreicht werden.

In beiden Stilen werden die Ski je nach Witterungsverhältnissen ausgewählt und präpariert. „Bei vereisten Loipen kann man im Skating beispielsweise im Bezug auf die Vorspannung einen richtig harten Ski laufen. Ist der Schnee etwas weicher, nimmt man besser einen weicheren Ski. Im klassischen verhält es sich ähnlich. Zusätzlich verwendet man hier bei vereisten Strecken den so genannten Klisterski“, sagt Filbrich. Beim Klisterski handelt es sich um einen harten Ski, bei dem zusätzlich das besonders klebrige Klisterwachs aufgetragen wird, das besonders viel Halt geben soll. Bei Neuschneebedingungen verwendet man einen weicheren Ski und setzt Hartwachs ein. Das richtige Material für die entsprechenden Witterungebedingungen zu finden, ist eine Wissenschaft für sich. „Von daher bin ich auch froh, dass wir da einen Skitechniker haben, der das alles für uns übernimmt“, verrät Filbrich mit einem Schmunzeln.


Bevor man sich allerdings den Kopf zerbricht, welchen Ski und welches Wachs man wann verwendet, stellt sich zunächst die Frage, welchen Stil möchte ich eigentlich fahren?

Jens Filbrich rät: „Womit fängt man an? Das ist eine gute Frage. Ich würde den klassischen Stil empfehlen. Gerade die feste Spur macht es Anfängern leichter, mit den Skiern klar zu kommen, da diese nicht nach links oder rechts ausbrechen können. Ich habe oft gesehen, welche koordinativen Probleme ungeübte Langläufer hatten, wenn sie versucht haben, sich im Skating-Stil fortzubewegen. Zudem ist das klassische Laufen aus konditioneller und technischer Sicht etwas weniger anspruchsvoll als das Skaten.“ Wer also mit dem Langlaufen beginnen möchte, der sollte sich zunächst mit dem neuen Fortbewegungsmittel vertraut machen. Filbrich empfiehlt dazu den so genannten Schuppenski. „Diesen Ski muss man nicht wachsen und die Schuppen ermöglichen eine einfache Fortbewegung.“

Klassisch vs. Skating – Teil 4: Tipps vom Profi
Hat man sich entschieden, welchen Stil man laufen möchte, gilt es, die richtige Technik zu lernen und ständig zu verbessern. Unser Experte hat auch hier schon mal ein paar Tipps auf Lager, die ihr beachten solltet. „Beim klassischen Stil sollte man sehr aufrecht laufen und den Oberkörper nicht zu weit nach vorne absenken. Ziel ist es, den Schwerpunkt des Oberkörpers zentral über dem Ski zu halten. Dadurch greift das Steigwachs [oder die Schuppen, Anm. d. Red.] besser und man kann sich kräftiger abstoßen“, erläutert der Profi. Liegt der Schwerpunkt zu weit vorne ist der Druck auf den Ski nicht optimal und er rutscht schnell nach hinten weg.

Im Skating verhält es sich ein bisschen anders. Auch hier soll man zwar zentral über dem Ski stehen, allerdings zusätzlich noch etwas in die Knie gehen. „Dadurch bringt man genügend Druck auf den Ski, um ihn zu kontrollieren. Skating lässt sich ein bisschen mit Inlineskating vergleichen. Wenn man sich stocksteif auf die Inliner stellt, hat man keine Kontrolle über sie und steht sehr wackelig. Geht man aber ein wenig in die Knie, dann merkt man, dass man stabiler wird und sicherer steht. Das lässt sich aufs Skating übertragen“, sagt Filbrich.

Wer sich ein Bild machen möchte, wie die beiden Stile in Perfektion umgesetzt werden, der hat diesen Winter die beste Gelegenheit dazu. Bei den Spielen in Vancouver werden folgende Wettkämpfe ausgetragen:
15.02.2010 Freistil 10 km Damen, 15 km Herren
17.02.2010 Klassisch, Sprint Damen, Sprint Herren
19.02.2010 Klassisch/Freistil 15 km Verfolgung Damen
20.02.2010 Klassisch/Freistil 30 km Verfolgung Herren
22.02.2010 Freistil, Sprint Damen, Sprint Herren
24.02.2010 Freistil/Klassisch, 4x10 km Staffel Herren
25.02.2010 Freistil/Klassisch, 4x4 km Staffel Damen
27.02.2010 Klassisch, 30 km Massenstart Damen
28.02.2010 Klassisch, 50 km Massenstart Herren

Nils Borgstedt

Details

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  • Star Vita: Jens Filbrich wurde 1979 in Suhl (Thüringen) geboren. Jens gewann in seiner Laufbahn bei Olympischen Winterspielen Bronze (2002) und Silber (2006) mit der 4x10km Staffel. Bei Weltmeisterschaften konnte er ebenfalls mit der Staffel Silber- und Bronzemedaillen erringen. Sein größter Einzelerfolg war die Bronzemedaille über 50 km im klassischen Stil bei der Weltmeisterschaft 2007 in Sapporo.
  • Star Erfolge: Bronzemedaille WM 2007, Silbermedaille Olympia 2006,

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