Ein Tag klettern – die Nordwandtrilogie an den drei Zinnen Michi Wohlleben

Ein Tag klettern – die Nordwandtrilogie an den drei Zinnen

  • Judith Hallwachs
An nur einem Tag erklommen Michi Wohlleben und Ueli Steck die Nordwandtrilogie der drei Zinnen. Erschöpft aber glücklich wird nachts noch gefeiert. Ein Erlebnisbericht.

Von: Michi Wohlleben

Am Montag sind Ueli Steck und ich die erste Wintertrilogie der Nordwände der drei Zinnen in einem Zug geklettert. Die klassische Nordwandroute, das sind "Cassin" an der Westlichen Zinne, "Comici" an der Großen Zinne und "Innerkofler" mit Nordwandeinstig an der kleinen Zinne.

Schon seit zwei Jahren verfolge ich diese Idee, geklappt hat es bisher nicht. Letzten Dienstag schrieb ich Ueli spontan eine SMS, ob er Lust hat, die Trilogie der Zinnen zu versuchen – er stimmte zu. Am darauffolgenden Sonntag trafen wir uns zuerst zu einer Pizza in Misurina und fuhren danach mit dem Skidoo an den Winterraum der Auronzohütte. Am Montag ging es los: Wir starteten um 8:30 Uhr in die Cassin. Eigentlich planten wir 6-12 Stunden für den Aufstieg, waren überraschenderweise aber schon nach 3 Stunden 37 Minuten am Gipfel. Durch simultanes Klettern und running belays sparten wir extrem viel Zeit und kamen zügig voran. Für den Abstieg brauchten wir eine Stunde.

In dem Col zwischen der westlichen Zinne wartete schon unser Freund Lukas Binder, der bereits Wasser geschmolzen hatte. Nach einer kurzen Pause stiegen wir ab zum Einstieg der Comici. Den Vorbau und die erste Seillänge kletterten wir unangeseilt. Dann ging es wieder los. Mit simultanem Klettern und langen Stretcher-Seillängen waren wir bis zum Ringband wieder extrem schnell, einzig der viele Schnee auf dem Ringband, welches wir auf die Südseite traversieren mussten, hielt uns ein bisschen auf. Wir kamen im letzten Abendlicht, nach 4 Stunden und 47 Minuten, auf den Gipfel. Die Stimmung dort oben war einzigartig.

Dann kam der Abstieg. Im Dunkeln war das schon eine Herausforderung. Gegen 21.00 Uhr erreichten wir den Einstieg der Innerkofler, auch hier stiegen wir durch das Col zwischen Großer und Kleiner Zinne ab. Am Einstieg wartete wieder Flo Rex, der uns mit heißem Tee und Cola in Empfang nahm. Mit warmer Kleidung ausgestattet starteten wir gegen 21:30 Uhr in die Nordwand der kleinen Zinne. Bis zum Nordwandsattel kletterten wir auf einer Route, deren Name ich nicht kenne - klassisches alpines Kombigelände mit einem Wächtenboulder auf dem Nordwandsattel. Ab dem Sattel ging es über die Innerkofler Route zum Gipfel der kleinen Zinne. Gegen 0:20 Uhr standen wir beide - zugegebenermaßen ein bisschen kaputt - am Gipfel der kleinen Zinne, schlugen in die Hände und waren ziemlich glücklich.

Eigentlich rechneten wir mit einer Gesamtzeit von 30 Stunden oder sogar mehr. Im Endeffekt brauchten wir knapp 16 Stunden (15 Stunden 42 Minuten). Es gibt eben diese Tage, wo alles passt – Verhältnisse gut, Team gut, Kopf gut. Um 02:00 Uhr trafen wir an der Auronzo Hütte ein. Wir weckten Flo auf, tranken eine Flasche besten Wein des 2006er Jahrgang und hörten dazu "Tage wie diese" von den Toten Hosen.

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