Schluss mit PECH – Ist Eis bei Sportverletzungen schädlich? Istockphoto.com/wsphotos

Schluss mit PECH – Ist Eis bei Sportverletzungen schädlich?

  • Christian Riedel
Es ist Standard, beim Sport entstandene Verletzungen mit Eis zu kühlen, um den Schmerz zu betäuben und Schwellungen zu verringern. Doch wie Wissenschaftler aus Irland herausgefunden haben, kann es sogar schädlich sein, akute Verletzungen mit Eis zu behandeln.

Schaut man sich ein Fußballspiel an, sieht man immer wieder die medizinischen Betreuer, wie sie mit Eissprays oder Kühlpacks auf den Platz laufen, um ihre verletzten Schützlinge zu behandeln. Einmal kurz was Kaltes auf den geprellten oder gedehnten Körperteil, und der Spieler kann weiter machen. Doch damit tut man ihm möglicherweise oft keinen Gefallen.

Das Kühlen mit Eis gehört zu den vier Sofortmaßnahmen, die man bei Sportverletzungen treffen kann und die unter dem Begriff PECH (Pause, Eis, Compression, Hochlagern) zusammengefasst hat. Glaubt man dem irischen Wissenschaftler Chris Bleakley von der University of Ulster in Newtownabbey bei Belfast könnte das „E“ bald aus der PECH-Regel gestrichen werden. Denn er bezweifelt den Nutzen von Eis bei Muskelzerrungen und anderen Sportverletzungen.

Um Schmerzen zu lindern und Schwellungen zu vermeiden kann Eis zwar helfen, aber wenn man die Sportler wieder für den Wettkampf fit machen möchte, könnte das Kühlen die falsche Maßnahme sein. Denn wie Bleakley im Fachmagazin „Sports Medicine“ (2012; 42: 69-87) berichtet, könnte das Kühlen die Leistungsfähigkeit des Sportlers vermindern und sogar die Verletzungsgefahr erhöhen.

Bleakley hat dafür zwar keine handfesten Beweise, aber mehrere Hinweise gefunden. So beruft sich der Sportwissenschaftler auf mehrere publizierte Studien, die gezeigt haben, dass eine Kühlung der Muskeln die Muskelstärke herabsetzt, besonders wenn man 20 Minuten und länger kühlt. Zudem haben die Studien gezeigt, dass eine Behandlung mit Eis sowohl die Geschwindigkeit, wie auch die Wendigkeit beim Laufen verringert.

Eis verschlechtert auch die Ausdauer


Dass kalte Muskeln weniger geschmeidig sind, hat jeder von uns wahrscheinlich schon selber beim Sport gespürt. Laut Bleakley gibt es aber konkrete Hinweise, dass auch die Ausdauer herabgesetzt wird.

Warum das Kühlen die sportliche Leistungsfähigkeit verschlechtert, ist auch Bleakley ein Rätsel. Möglicherweise liegt es daran, dass durch die Kälte die Leitgeschwindigkeit der Nerven verringert wird. Eine andere Theorie besagt, dass die Propriozeption, also die Wahrnehmung in welcher Lage die einzelnen Körperteile sich befinden, herabgesetzt wird. Daher dauert es bei gekühlten Muskeln länger, bis der Körper sich an die aktuellen Zustände anpassen und entsprechend reagieren kann. Durch diese Verzögerungen erhöht sich auch das Verletzungsrisiko, da auch Ausgleichsbewegungen länger brauchen oder der Körper zum Selbstschutz bestimmte Muskeln zu langsam aktiviert.

Noch ist die Studienlage nicht eindeutig, gibt auch Bleakley zu. Dennoch empfiehlt er allen Sportlern, die Muskeln nie länger als 20 Minuten zu kühlen und nach jeder Eisbehandlung die Muskeln erst wieder anzuwärmen, bevor man sich wieder mit voller Intensität ins Getümmel stürzt.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22121908

Kontakt

Copyright © 2017 netzathleten