Interview mit Christoph Preuß – Rückkehr nach zwei Jahren picture-alliance

Interview mit Christoph Preuß – Rückkehr nach zwei Jahren

  • Derk Hoberg
Christoph Preuß, Bundesligaspieler von Eintracht Frankfurt, steht kurz vor der Rückkehr auf das Spielfeld. Im November 2007 bestritt er sein bisher letztes Bundesligaspiel. Er verletzte sich schwer am Knie, wurde zwei Mal operiert. Vor seinem baldigen Comeback haben wir mit ihm gesprochen.

Die Leidensgeschichte des Fußballprofis Christoph Preuß ist lang. Seit November 2007 zwingt ein Knorpelschaden im rechten Knie den ehemaligen Junioren-Nationalspieler zu einer Pause. Nach intensiven Reha-Maßnahmen steht der 28-Jährige nun vor der Rückkehr ins Mannschaftstraining bei Eintracht Frankfurt. Bisher bringt es Preuß auf 128 Bundesligaeinsätze, spielte schon UEFA Cup und Champions League. Doch es gab auch immer wieder verletzungsbedingte Rückschläge in seiner Karriere. Der Knorpelschaden, zwei Knöcheloperationen, ein Bandscheibenvorfall, ein Meniskusschaden, ein Trümmerbruch des Nasenbeins und eine fünfzehn Zentimeter lange Risswunde im Oberschenkel. Aber Christoph Preuß gab nie auf und kämpfte sich immer wieder zurück auf den Platz.

An diesem Wochenende steht das Spiel Bayern München gegen Eintracht Frankfurt auf dem Ligaspielplan und nur vier Tage später findet das Duell, diesmal allerdings in Frankfurt, seine Fortsetzung im DFB Pokal-Achtelfinale. Im März 2007 schoss Preuß die Hessen mit dem „Tor des Monats“ zum Sieg gegen die Bayern mit Oliver Kahn im Tor. Vor den beiden Aufeinandertreffen mit den Bayern sprachen wir mit Christoph Preuß über seine Leidenszeit, seine persönlichen Ziele und über die Chancen gegen die Bayern. Hier zunächst aber nochmal sein Traumtor von damals:



netzathleten: Du hast mit Deinen 28 Jahren schon eine bewegte Karriere hinter Dir. Wie geht es Dir momentan, nach Deinen beiden Knieoperationen?
Christoph Preuß: Momentan sieht es sehr gut aus. Ich bin in der Vorbereitung auf das Mannschaftstraining. Mit Ball, ohne Ball, heute haben wir auch wieder mal Zweikampftraining gemacht. Ich bin guter Dinge, dass ich bald wieder zur Mannschaft stoßen kann.

netzathleten: Wirst Du gegen die Bayern schon im Kader sein? Ein kurzer Einsatz würde ja reichen für ein weiteres Traumtor…
Christoph Preuß: Wenn alles gut geht, wird das der Zeitpunkt der Rückkehr zur Mannschaft sein. Wahrscheinlich reicht das aber noch nicht. Und dann muss sich mein Körper auch erst noch an das Mannschaftstraining gewöhnen.

netzathleten: Dein wievieltes Comeback ist das mittlerweile?
Christoph Preuß: Es waren einige, aber dieses wird das wichtigste Comeback sein, denn die Leidenszeit der jetzigen Verletzung übertrifft ja wirklich alles. Die Knieverletzung dauerte länger als alle anderen Verletzungen vorher zusammengenommen.

netzathleten: Wir haben eine Ratgeber-Rubrik namens Dr. Sport, in der Leser Fragen zu Sportverletzungen stellen können. Könntest Du die Fragen in Zukunft für uns beantworten?
Christoph Preuß: Ja (lacht), ich habe momentan auch tatsächlich schon einen Spitznamen: Dr. Preuß, weil ich ja schon einiges durchgemacht habe und mich in Sachen Knorpelschaden wirklich gut auskenne.


netzathleten: Die Eintracht hat den Vertrag mit Dir bereits im Juli um ein Jahr verlängert. Wie wichtig war dieses entgegengebrachte Vertrauen für Dich?
Christoph Preuß: Das ist natürlich die Horrorvorstellung für jeden Spieler, verletzt zu sein und dazu noch vertragslos. Deswegen war ich sehr froh und bin dankbar, dass mir die Eintracht diese Sorge genommen hat und ich mich konzentriert auf meine Rückkehr auf den Platz vorbereiten kann.

netzathleten: Hast Du einen Plan B in der Tasche, falls Dein Comeback scheitern sollte.
Christoph Preuß: Wichtig ist, dass man dann weiß mit der Situation umzugehen. Konkrete Pläne gibt es noch nicht, aber es gibt Dinge die mein Interesse wecken.

netzathleten: Du hast den mentalen Aspekt gerade angesprochen. Mit wie viel Angst vor einem Rückschlag plagst Du Dich momentan?

Christoph Preuß: Ich muss sagen, dass ich von solchen Gedanken verschont bleibe. Ich habe bisher noch nie nach einer Verletzung zurückgezogen, so wird es auch diesmal sein. Das ist nicht mein Ding, dass ich mich zu sehr mit der Vergangenheit beschäftige. Und die Verletzung ist Vergangenheit, jetzt geht es wieder weiter. Ich glaube auch, dass die Gespräche mit meinem Physiotherapeut, Björn Reindl von R2comSport, der ja auch früher bei der Eintracht war und meinen Körper ganz genau kennt, geholfen haben, solche Blockaden gar nicht erst aufkommen zu lassen. Er hat da ein gutes Händchen und ein feines Gespür für die Sorgen eines Sportlers. Insofern bin ich glaube ich gerüstet für das Comeback.

netzathleten: Kommen wir zur aktuellen Saison. Du hast den neuen Trainer der Eintracht, Michael Skibbe, in den Junioren-Nationalmannschaften kennengelernt. Was hat sich mit ihm konkret in Frankfurt geändert?
Christoph Preuß: Er ist ja ein paar Jährchen jünger als Friedhelm Funkel und ist von der spielerischen Marschroute sicherlich auch offensiver ausgelegt. Das kommt auch manch einem unserer Spieler zu Gute. Ich denke, das freut auch die Fans. Ein 6:4 wie kürzlich im Pokal gegen Aachen gibt es ja nicht allzu häufig zu sehen. Außerdem wirkt er im Training mehr auf die Mannschaft ein. Funkel hatte da mehr die Beobachterrolle, sein Assistent leitete das Training.

netzathleten: Nach dem guten Start ist die Eintracht mittlerweile im Mittelfeld angekommen. Gehört sie dort hin oder ist mehr drin?
Christoph Preuß: Momentan kann man das noch nicht sagen. Zwei Spiele genügten, um ins Mittelfeld abzurutschen, allerdings waren vorher auch zwei Unentschieden dabei, die gut und gerne jeweils auch drei Punkte hätten bringen können. Ich würde sagen, wir rechnen am Ende ab und hoffen, dass wir die nötige Portion Glück haben.

netzathleten: Wie oft hast Du die Spiele der Mannschaft im letzten Jahr besucht?
Christoph Preuß: Bei den Heimspielen bin ich natürlich immer im Stadion. Auswärtsspiele nutze ich eher, um Reha zu machen – was natürlich nicht heißt, dass ich bei Heimspielen nichts tue. Da habe ich meine Übungen morgens gemacht, natürlich zeitlich etwas eingeschränkt.

netzathleten: Wie bewertest Du die Stimmung im ehemaligen Waldstadion? Was bekommt man als Spieler eigentlich davon mit?
Christoph Preuß: Natürlich bekommt man davon viel mit, die tollen Choreographien der Fans sieht man beim Einlaufen und die Stimmung in Frankfurt ist wirklich einzigartig. Eines von ganz wenigen Stadien, in denen die Stimmung bei jedem Spiel grandios ist. Auch die Anzahl der Fans die uns auswärts begleiten und unterstützen, ist erste Sahne. Wir wollen natürlich auch gut spielen, etwas zurückgeben und hoffen, dass immer mehr dazu kommen und wir noch mehr – positiv verrückte – Fans gewinnen können.

netzathleten: Wie hast Du die Anti-Funkel Stimmung der Fans zum Ende der letzten Saison empfunden? Schließlich führte sie letztlich zum Trainerwechsel.
Christoph Preuß: Das war natürlich schon extrem, aber das gab es ja aber auch schon bei anderen Vereinen. Letztlich war es die Entscheidung des Vorstands, und so wie das Verhältnis zwischen Funkel und Heribert Bruchhagen (Vorstandsvorsitzender, d. Red.) war, hat man sich da im beiderseitigen Einvernehmen getrennt und ist im Guten auseinandergegangen.

netzathleten: Was rechnest Du Dir jetzt in der Liga und im Pokal gegen die Bayern aus?
Christoph Preuß: Es ist natürlich was besonderes, für die Spieler und die Fans, vor allem im Pokal. Jetzt spielen wir zuerst in der Liga in München und danach daheim im Pokal gegen sie. Ich glaube, es wäre uns keiner böse, wenn wir in München verlieren würden, dafür aber im Pokal weiterkommen. Vor ein paar Jahren hatten wir eine ähnliche Konstellation mit Schalke, da haben wir erst 1:0 verloren und sie dann im Pokal mit 6:0 geschlagen. Wir müssen alles geben, vielleicht springt ja ein Sieg für uns mit einem schönen Tor – von wem auch immer – raus.

netzathleten: Zum Abschluss würde ich gerne wissen: Wer wird Deutscher Meister?
Christoph Preuß: Ich sag mal so, man hat letztes Jahr gesehen, dass es mit Wolfsburg ein Team geschafft hat, das nur ganz wenige auf der Rechnung hatten. Die Mannschaft mit den besten Nerven wird es schaffen. Es sind ein paar Mannschaften gut gestartet, aber ich denke, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ich schätze, da schaltet sich noch die eine oder andere Mannschaft ein, die momentan noch eher im Mittefeld steht.

netzathleten: …Du meinst also die Bayern machen es?
Christoph Preuß: Naja, ja.

netzathleten: Okay Christoph, ich danke Dir für das nette Gespräch und wünsche Dir bei Deinem Comeback alles Gute, vor allem natürlich, dass das Knie hält und wir Dich bald wieder in den Bundesligastadien für die Eintracht spielen sehen können.


Das Interview führte Derk Hoberg

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