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Interview mit Magdalena Neuner

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Magdalena Neuner galt bis zur Deutschen Biathlonmeisterschaft in Ruhpolding nicht als großer Freund der Skiroller. Im Gegensatz zum Winter wollten sich die großen Erfolge auf den Rollen nicht einstellen, nun hat sie sich selbst und den Skeptikern jedoch bewiesen: Auch im Sommer kann sie die Konkurrenz dominieren. Im Interview spricht sie über ihren Winter, ihr Schießen und diese "eine Kopfsache"...

Lena, obwohl Du eigentlich sonst die Skiroller-Wettkämpfe nicht so magst, hast Du Dich in Ruhpolding gut präsentiert!
Das habe ich auch nicht unbedingt erwartet. Ich weiß, dass ich gut in Form bin, aber ich bin nunmal ein Winter- und kein Sommersportler. Wenn ich Ski unter den Füßen habe, ist das für mich etwas ganz anderes. Dennoch ist es schön, zu wissen, wo man in etwa steht. Das ändert aber nichts daran, dass ich heiß auf den Winter und meine ersten Olympischen Spiele bin!

Dein letztes Jahr verlief zwar ohne dreifachen Gold-Erfolg bei der WM, aber dennoch nicht minder erfolgreich...

Stimmt, aber irgendwie wird es von den Medien doch so dargestellt, als ob ich nicht wirklich Erfolg hatte in der letzten Saison. Aber die Ansprüche sind nach zwei so super Saisons natürlich hoch. Nur kann man so etwas nicht in Serie bringen. Was allerdings positiv daran war: Nach dem Winter wurde es etwas ruhiger als die letzten zwei Sommer davor.

Das heißt?

Weniger Termine und Anfragen, die auf mich einprallten. Allerdings habe ich natürlich schon nach der ersten Saison gemerkt, dass man einfach mal nein sagen muss, wenn es zu viel wird. Privatleben und auch das Training dürfen nicht zu kurz kommen! Das habe ich meinen Sponsoren erklärt und ich muss sagen, dass mich alle verstanden und unterstützt haben. Gerade vor dieser Saison wäre zu viel Ablenkung unangebracht.

Man hört immer wieder, dass es gerade bei Deiner Privatsphäre Einschränkungen gibt, wenn Du daheim in Wallgau bist?

Das stimmt. Leider kommen immer wieder Urlauber vorbei und klingeln an meiner Tür. Die Aussagen sind meist auch in der Art: 'Wir wissen ja, dass wir Sie daheim stören...aber wir sind nun schonmal hier.' Ich denke, da habe ich doch schon ein paar Fans vor meiner Tür verloren, weil ich mittlerweile auch klipp und klar sage, was ich davon halte. Im Training oder beim Wettkampf gern, aber mein Zuhause ist doch der einzige Ort, den ich noch für mich privat habe!

Inwieweit beeinflussen Dich Fans, Medien und die Öffentlichkeit nebst solcher Einschränkungen?

Ich würde fast sagen, dass ich damit mittlerweile umgehen kann. Aber das wäre nur die halbe Wahrheit. Man kriegt leider immer mit, was die Öffentlichkeit über einen denkt und schreibt. Was mich derzeit vor allem stört, ist, dass ich immer als schlechte Schützin dargestellt werde. Dabei stimmt das gar nicht.

...was Du ja mit dem Gewinn des Einzel-Weltcups diesen Winter bewiesen hast!
Ja, aber irgendwie geht das unter. Mittlerweile weiß ich auch, dass ich es kann, egal was man mir einredet. In meiner Junioren-Zeit war ich eine super Schützin. Und im letzten Jahr haben wir versucht, an der Technik etwas zu verändern, damit ich eben da wieder hinkomme. Bis ich gemerkt habe: Es liegt nicht an der Technik, die ist nahezu perfekt. Es liegt an meinem Kopf. Beim letzten Schießen nach drei fehlerfreien Einheiten wüsste ich schon, was die Medien im Ziel fragen und sagen werden, wenn ich verschieße. Damit denke ich automatisch nach und schon geht es daneben. Oder ich höre am Start, wie ein Fan sagt: 'Du triffst doch eh wieder nicht!' Sowas bleibt in meinem Kopf, egal wie ich versuche, das auszuschalten. Bei sowas bin ich wirklich sensibel, denn ich nehm es mir manchmal doch zu Herzen, was andere sagen.

Wie könnte man dagegen vorgehen?
Ich versuche schon, daran zu arbeiten. Ich habe mir im Frühjahr jemanden gesucht, mit dem ich im mentalen Bereich zusammenarbeiten kann. Ich will darüber nicht allzuviel sprechen, aber ich weiß, dass es helfen kann. So eine Kopfsache geht nicht von heute auf morgen umzustellen, daher ist es sicher gut, dass ich Schritt für Schritt daran arbeite.

Arbeitest Du derzeit noch an anderen Aspekten des Trainings?
Letztes Jahr hattest Du Dir speziell einen Schießtrainer gesucht...
Nein, dieses Jahr mache ich keine Experimente. Wenn man denkt, dass man aufgrund von Olympia ganz was besonderes machen will, geht es eh schief. Ich arbeite seit zwölf Jahren mit meinem Trainer zusammen und vertraue ihm auch dieses Jahr voll und ganz. Die letzten zwei Jahre waren wirklich anstrengend und dieses Jahr konnte ich zum Glück nach der Saison wirklich genau das trainieren, was wir uns vorgenommen haben.

Wer unterstützt Dich sonst noch, wenn es um die eben angesprochenen "Kopfsachen" geht?
Natürlich Familie und Freunde. Und sicher auch Berater aus anderen Bereichen. Aber auch das habe ich in den letzten Jahren gelernt: Man muss seiner eigenen Meinung am ehesten vertrauen. Ich weiß, dass meine Familie hinter mir steht, aber meine Entscheidungen muss ich ohnehin allein fällen. Was sicher auch gut ist: Meine Freunde kommen nicht unbedingt aus dem Sportbereich. Die sorgen somit auch mal für Ablenkung und andere Perspektiven.

Viktoria Franke, biathlon-online.de

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