Vom Traum zum Titelträger – Interview mit Taekwondo-Team-Weltmeister Adrian Wassmuth Frank Peters

Vom Traum zum Titelträger – Interview mit Taekwondo-Team-Weltmeister Adrian Wassmuth

  • Martin Imruck
Zwischen dem 6. und 9. Dezember waren die weltbesten Poomsae-Nationen bei der Taekwondo-WM in Tunja (Kolumbien) zu Gast. Auch eine deutsche Delegation reiste mit der Hoffnung auf eine erfolgreiche Weltmeisterschaft nach Kolumbien. Diese sollte sich mit insgesamt sechs Medaillen bestätigen. Zweimal Gold, einmal Silber und dreimal Bronze hieß es am Ende, dazu der dritte Rang im abschließenden Medaillenspiegel. Im Teamwettbewerb der Herren unter 29 Jahren krönten Roger Kesternich und Patrick Bogusch das Turnier mit Gold. Adrian Wassmuth, ebenfalls Mitglied des dreiköpfigen Weltmeisterteams, sprach mit netzathleten.de über Poomsae und die WM.

netzathleten: Adrian, Taekwondo ist sicherlich mehr Leuten ein Begriff, als Poomsae. Worum handelt es sich dabei genau?
Adrian Wassmuth: Die ursprüngliche Idee des Poomsae beruht darauf, einen Kampf gegen einen oder mehrere imaginäre Gegner zu führen. Das unterscheidet Poomsae gegenüber dem Wettkampf-Bereich, wo man gegen einen wirklichen Gegner antritt. In den Poomsae-Wettkämpfen werden daher bestimmte Abläufe, sogenannte Formen durchlaufen und anschließend von einer Jury bewertet.

netzathleten: Könnt Ihr Euch die vorgeführten Übungen selbst zusammenstellen oder sind bestimmte Elemente festgeschrieben?
Adrian Wassmuth: Die vorgetragenen Übungen sind festgeschrieben. Sie bestehen aus traditionellen Formen, von denen es insgesamt 17 gibt, die sich natürlich von ihrem Aufbau und der Komplexität her unterscheiden und immer höhere Ansprüche stellen. In unserer Altersklasse bis 29 Jahre werden für jede Runde zwei Formen ausgelost, die zwischen der sechsten und der 13. Poomsae-Form liegen. Das heißt natürlich, dass man sich nie sicher sein kann, welche Formen letztendlich entscheidend sind. Ziel für uns ist es deshalb auch, dass wir alle Übungen optimal beherrschen.

Bei der diesjährigen Weltmeisterschaft wurden den Finalisten die elfte und zwölfte Form zugelost. Hier gelangt ihr zu den Finalübungen, welche dem Team Roger Kesternich, Patrick Bogusch und Adrian Wassmuth den Weltmeistertitel eingebracht haben:

Elfte Poomsae-Form (Taebaek)
Zwölfte Poomsae-Form (Pyeongwon)

netzathleten: Woran orientiert sich die Jury bei der Bewertung?
Adrian Wassmuth: Bewertet wird in unserem Wettbewerb nach Technik und nach Präsentation. Im technischen sind vier Punkte die Höchstwertung, die Präsentation ist mit sechs Punkten perfekt. Es ergibt sich also eine Maximalpunktzahl von zehn Punkten. Nach der Vorführung, werden beide Kriterien bewertet und die Punkte, welche bis zu den jeweiligen Maxima fehlen, von den zehn Punkten abgezogen. Daraus ergibt sich die endgültige Gesamtpunktzahl. Im Teamwettbewerb kommt es dann natürlich auch noch auf die Synchronität an.

netzathleten: Wie man gehört hat, haben die Zuschauer im Hintergrund auch ordentlich Lärm gemacht. Wie war die Resonanz allgemein und beeinflusst die Lautstärke Dich als Wettkämpfer in irgendeiner Weise?
Adrian Wassmuth: Während du auf der Fläche stehst, bist du eigentlich sehr auf die Übung fokussiert und konzentrierst dich darauf, deine Leistung abzurufen. Ganz ausblenden kann man es allerdings nicht. Aber das spornt mich eher an, als das es mich aus der Ruhe bringt. Ich versuche, es immer zu meinem Vorteil zu nutzen, quasi als zusätzliche Motivation. Zu den Zuschauern muss ich sagen, dass das Turnier besser besucht war, als die letzten Weltmeisterschaften. Die Veranstaltung wurde vor Ort sehr positiv aufgenommen und die Menschen sind an allen Wettkampftagen in Scharen zur Halle geströmt. Es war immer voll und deshalb war die Atmosphäre natürlich besonders gut.

netzathleten: Wie ist Dein genereller Eindruck von der Stadt und dem Land? Kolumbien ja auch nicht alltäglicher Ausrichter eines sportlichen Großereignisses?
Adrian Wassmuth: Das stimmt, natürlich gibt es vor einem Turnier in einem unbekannten Land immer Gerüchte oder gewisse Vorurteile, die an einen herantreten. Trotzdem muss ich sagen, dass wir davon Nichts mitbekommen haben. Die Menschen waren sehr gastfreundlich und die gesamte Landschaft ist natürlich auch ein richtiges Highlight auf einer solchen Reise. Auch die tolle Stimmung im Team hat sicherlich dazu beigetragen. Jeder freut sich für und leidet mit den Anderen und auch der Erfolg ist hier Jedem gegönnt.

netzathleten: Wie fällt das Gesamtresultat aus, Dein persönliches und natürlich auch das der gesamten deutschen Mannschaft?
Adrian Wassmuth: Insgesamt ist die Weltmeisterschaft aus unserer Sicht schon sehr gut verlaufen. Neben Silber im Einzel der Frauen über 29 Jahre (Imke Turner, Anm. d. Red) gab es gleich dreimal Bronze. Im Teamwettbewerb der Frauen bis 29 Jahre (Claudia Beaujean, Sabrina Haas und Samira Stetter, d. Red.), im Paarlauf über 29 Jahre (Nicole und Marcus Ketteniß, d. Red.) sowie im neusten Paar-Wettbewerb, dem Free Style (Claudia Beaujean und Roger Kesternich, d. Red.). Zusätzlich hat auch das Ü29-Team der Damen (Raffaella Delli Santi, Tanya Bußmann und Andrea Gruber, d. Red.) die Goldmedaille gewonnen. Insgesamt haben wir also sechs Medaillen geholt und dabei zwei Titel gewonnen. Damit können wir zufrieden sein und damit waren auch die Bundestrainer sehr zufrieden. Für mich persönlich ist das natürlich auch ein riesiger Erfolg und ich bin glücklich, dass es endlich mit einer Goldmedaille geklappt hat.

Mehr über Kolumbien erfahrt Ihr hier

 


Adrian Wassmuth ist seit seiner Kindheit begeisterter Taekwondo-Sportler. Mit der Berufung in den Bundeskader und nicht zuletzt mit der Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft 2012 in Kolumbien ging für den heute 20-jährigen ein Traum in Erfüllung. netzathleten sprach mit dem Nachwuchstalent auch über seine sportliche Vergangenheit.

netzathleten: Adrian, dass Du auf der Erfolgsspur fährst, hast Du im ersten Teil des Interviews bereits gezeigt. Wie und vor allem wann hat Dich das Taekwondo-Fieber gepackt? Wann hat alles angefangen?
Adrian Wassmuth: Mit sieben Jahren hat es begonnen. Damals bin ich, eigentlich eher zufällig, dazu gekommen, denn es war Tag der offenen Tür in einer Sportschule bei uns in der Nähe. Da bin ich mit meinen Eltern damals hin, um mir das Ganze einmal anzuschauen. Das hat mir dann so gut gefallen, dass ich damit angefangen und nach kurzer Zeit auch eine große Begeisterung für den Kampfsport entwickelt habe. Mittlerweile mache ich Taekwondo seit gut 13 Jahren und bin immer noch in der gleichen Sportschule aktiv, in der mich das Fieber damals gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen hat.

netzathleten: Gab es noch eine andere Sportart, die Du damals ausgeübt hast?
Adrian Wassmuth: Ich habe früher noch Fußball gespielt und eine Zeit lang beides parallel betrieben. Doch irgendwann haben sich die Trainingszeiten immer häufiger überschnitten. So musste ich mich entscheiden und habe Taekwondo gewählt.

netzathleten: 2008 und 2009 bist Du dann bereits deutscher Meister geworden, sodass es sicherlich auch langsam über die Grenzen eines Hobbys hinausging. Wann hast Du für Dich gemerkt, dass da mehr geht?
Adrian Wassmuth: Schon vor 2008 war ich im rheinland-pfälzischen Landeskader und da waren wir dann auch schon vermehrt auf verschiedenen Ranglistenturnieren innerhalb Deutschlands unterwegs. Anfangs war es deshalb eher noch ein Traum in den Bundeskader zu kommen. Bereits bei meiner ersten Meisterschaft nahm das Ganze dann aber schon konkretere Züge an, doch eigentlich ging der Traum erst 2009 in Erfüllung, als die erste Nominierung für den Bundeskader folgte. Aber auch die Jahre zuvor mit dem Landeskader waren für meine Entwicklung sehr wichtig, weil es hier bereits weit über das hobbymäßige hinausging.

netzathleten: Seit 2009 bist Du jetzt kontinuierlich im Bundeskader mit dabei. Wie regelmäßig finden die Weltmeisterschaften denn statt und welche Stationen hast Du in den letzten Jahren durchlaufen?
Adrian Wassmuth: Die Weltmeisterschaften finden jährlich statt und das in Kolumbien war jetzt bereits meine vierte WM in Folge. 2009 begann alles in Kairo, als wir Fünfter wurden. Dann, ein Jahr später in Usbekistan, wurden wir Vize-Weltmeister und im letzten Jahr in Russland landeten wir am Ende auf dem sechsten Rang.

netzathleten: Wie erklärt sich dieses auf und ab?
Adrian Wassmuth: Das ist schon sehr auffällig aber es ist so, dass man nie genau sagen kann, wo man im Vergleich zu den anderen Nationen steht und letztendlich ist dann auch immer die Tagesform entscheidend.

netzathleten: Wie kommt man in den Bundeskader?
Adrian Wassmuth: Es ist natürlich wichtig, bei den nationalen Turnieren auf sich aufmerksam zu machen und ebenso in der Rangliste einen entsprechenden Platz einzunehmen. Die Punkte hierfür sammelt man auf den Ranglistenturnieren.

netzathleten: Welche Eigenschaften sollte man Deiner Meinung nach mitbringen?
Adrian Wassmuth: Generell für sollte man ein gewisses Maß an Beweglichkeit mitbringen. Es ist aber auch wichtig, die richtige Balance zwischen Kraft und Lockerheit zu finden. Nur so kann man die Bewegungen kraftvoll und mit der richtigen Geschwindigkeit durchführen, aber auch gleichzeitig entspannt und nicht verkrampft in die nächste Übung oder das nächste Element übergehen.

netzathleten: Wie sieht es im nächsten Jahr aus mit Veranstaltungen. Hast Du dir schon etwas in den Terminkalender eingetragen?
Adrian Wassmuth: Also das erste Event 2013 wird im Februar (08.-10.02. Anm. d. Red.)die deutsche Meisterschaft in Ingolstadt sein. Die Weltmeisterschaft 2013 soll dann auf Bali stattfinden, allerdings steht dafür weder ein Datum fest, noch kann man endgültig sicher sein, dass sie tatsächlich dort ausgetragen wird, denn auch in der Vergangenheit haben sich die Austragungsorte manchmal noch geändert. Die Nominierung hängt im Endeffekt natürlich von den sportlichen Leistungen ab. Außerdem spielen auch die finanziellen Möglichkeiten eine Rolle, denn davon ist die Kadergröße abhängig. Zunächst liegt der Fokus daher auf den deutschen Meisterschaften im Februar und wenn die Leistung dort stimmt, wäre ich natürlich froh im nächsten Jahr mit meinen Mannschaftskollegen den Titel verteidigen zu dürfen.

netzathleten: Nochmals Glückwunsch zu diesem tollen Ergebnis und auch weiterhin viel Erfolg!

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