Road2Rio: Panzer am Straßenrand Clemens Meyer/Richard Meyer

Road2Rio: Panzer am Straßenrand

  • Nils Borgstedt
Immer wieder berichten Clemens und Richard Meyer auf netzathleten.de von ihrer Tour durch die Welt mit dem Ziel, die WM in Brasilien live zu erleben. Ihr aktuellster Bericht ist gespickt mit Gegensätzen.

Endlich haben wir die organisatorisch schwierigste Stelle unserer Reise gemeistert: die Überfahrt von Panama nach Kolumbien. Die beiden Länder werden von einer wilden Region, dem Darien, getrennt - ein undurchdringlicher Dschungelstreifen ohne Straßen, der von kolumbianischen Rebellen und Drogenschmugglern gleichermaßen als Rückzugsgebiet genutzt wird. Fazit: Kein Durchkommen mit dem Auto.

Ahoi!

Die Verschiffung unseres Autos per Container gestaltet sich als Glücksfall, der letztlich relativ problemlos abläuft, dennoch ist der Papierkrieg in Panama und Kolumbien die Hölle. Wir selbst setzen in einem kleinen Segelboot mit einem venezulanischen Pärchen über. Ein Segeltrip, der bei drei Meter hohen Wellen nur mäßigen Spaß macht. Aber es ist ein tolles Erlebnis! Umso glücklicher sind wir, als wir in Cartagena unser Baby nach zwei Tagen Behördengängen aus dem Hafen herausholen und zum ersten Mal südamerikanischen Boden befahren!

Nach den ganzen Strapazen wird uns bewusst, dass wir seit über drei Wochen eigentlich keine ruhige Minute mehr hatten. Kein Wunder, dass wir uns so erschöpft fühlen wie noch nie zuvor auf der Reise. Da müssen buchstäblich erstmal alle Batterien wieder aufgeladen werden. Aber das Gefühl, dass uns jetzt "nur" noch der Landweg und ein paar Grenzen von Brasilien trennen, macht alles wieder wett!

Kolumbien - Land der Gegensätze

Kolumbien ist eine Liga für sich. Auf der Fahrt Richtung Süden begegnet uns noch mehr Militärpräsenz, als wir es noch aus Mexiko gewohnt sind. Zudem ist die Ausrüstung des Militärs um einiges kriegstauglicher. Nicht nur einmal sehen wir Panzer am Straßenrand. Uns zeigen die Soldaten immer nur einen gen Himmel gerichteten Daumen. Der heißt wohl so viel wie: Gute Weiterfahrt, wir haben hier andere Probleme, als euch zu kontrollieren. Jede Brücke ist an beiden Seiten durch Sandsäcke und bewaffnete Soldaten gesichert. Uns fallen die Geschichten Reisender ein, welche wir auf unserem Weg getroffen haben. Bei Ad und Hermanus wurde ein Militärstützpunkt in der Nähe ihres Nachtlagers von Guerillas angegriffen. Bei Hans und Bendte schaute bei einer etwas unbedachten Offroadtour die AK47 ins Fahrerfenster – FARC-Rebellen waren in der Gegend! Nur aufgrund von Unstimmigkeiten bei den Rebellen gelang ihnen eine stundenlange Flucht, die glücklicherweise ein gutes Ende nahm. Es ist also Vorsicht geboten!

Generell aber sind die freundlichen, aufgeschlossen und äußerst hilfsbereiten Kolumbianer das bisher liebenswürdigste lateinamerikanische Völkchen, das uns bis jetzt auf der Reise begegnet ist. Noch nie haben wir so viele Reisetipps und Empfehlungen erhalten, noch nie durften wir so oft eine Führung durch unser Auto geben. Da werden unsere Spanischkenntnisse auf die Probe gestellt, denn Englisch versteht schon lange niemand mehr.

Nicht nur die deutsche Botschaft, auch Einheimische haben uns davon abgeraten, allzu weit von der Panamericana abzuweichen, und wir halten uns auch daran. Schade, denn wir sind sicher, dass es gerade in den ländlichen Gegenden viele tolle Sachen zu entdecken gibt – aber das Risiko ist uns zu hoch. Wir verlassen Kolumbien mit gemischten Gefühlen: Einerseits haben wir die bisher ärmsten Siedlungen der Reise gesehen und die wildesten Geschichten über Gewalt und Unrecht erfahren. Andererseits waren die Menschen überaus fröhlich und freundlich.

König Fußball und natürlich die Weltmeisterschaft sind DAS Thema des Landes, die Menschen wissen alles über die Gruppen und die Spieler und sehen unsere Fahrt natürlich als völlig vergebens an, denn am Ende wird sowieso Kolumbien den Titel holen. Naja, schaun mer mal!

Willkommen in Ecuador

Wir haben jetzt also endlich wieder Zeit. Unser nächster vorgegebener Wegpunkt ist: Anfang Juni in Brasilien zu sein. Und so kommt es, dass wir uns in Ecuador vollends dem Surfen widmen können, nachdem wir in Quito ein paar Reparaturen am Auto erledigt haben. Wir reisen die gesamte Küste von Norden nach Süden, unsere Reisegeschwindigkeit wird durch den Swell bestimmt. Wir lassen uns treiben, unsere Gedanken drehen sich um die Gezeiten, offshore-Wind und Wellenperiode. Unser typischer Tagesablauf sieht wie folgt aus: Aufstehen, Frühstücken, Surfen. Mittagsschlaf, etwas in unserer großen WM-Enzyklopädie schmoeckern, Surfen. Abendessen, einen Film oder Aufnahmen alter WM-Finals schauen. Wir leben am Strand, wir haben kein Ziel, außer den nächsten Strand. Wir wissen weder das aktuelle Datum, noch den Wochentag. Die Angabe “Anfang/Mitte/Ende” des Monats reicht für unsere Reiseplanung völlig aus. So kann es erst einmal weitergehen!!

Weitere Informationen zur Tour von Clemens und Richard gibt es auf ihrem Blog unter: http://road2rio.com/ und auf ihrer Facebookseite

 

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