Interview Inna Weit – Olympia ist noch nicht abgehakt Under Armour

Interview Inna Weit – Olympia ist noch nicht abgehakt

Inna Weit zählte zu den erfolgsversprechendsten Sprinterinnen des Landes, verpasste Olympia 2012 in London unglücklich und hatte dann lange mit Verletzungen zu kämpfen. Nun ist sie wieder auf einem guten Weg – und hofft, doch noch in den Flieger nach Rio steigen zu können.
netzathleten.de: Inna, die Olympischen Spiele werfen ihren Schatten voraus. Du hast zwar die Qualifikation noch nicht in der Tasche, kannst sie aber noch schaffen. Wie schätzt Du Deine Chancen ein und wie arbeitest Du auf dieses Ziel hin?
Inna Weit: Nach den Trainingsleistungen schätze ich meine Chancen eigentlich ganz gut ein, allerdings ist momentan mein Kopf ein bisschen das Problem. Ich muss die nötige Lockerheit finden. Ich weiß, dass die Konkurrenz stark ist, aber mein Wille ist auch stark. Trotzdem darf man nicht zu verbissen sein und darf im Wettkampf nicht verkrampfen.

netzathleten.de: Du warst lange Zeit verletzt. Wie hast Du Dich aus diesem Tief wieder rausgezogen?
Inna Weit: Das hat geklappt, weil ich immer wusste, welches Ziel ich habe. Ich hatte die richtigen Leute um mich herum, die mich unterstützt haben. Mein Trainer, mein Physiotherapeut und meine Familie waren große Stützen. Ich wusste immer, es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder du hörst auf oder du machst weiter. Und aufgeben ist nicht so meins.

netzathleten.de: Und Rio war immer das Langzeitziel?
Inna Weit: Klar, die Olympischen Spiele in Rio waren auch schon während der Verletzung mein Ziel. 2012 [Olympia in London, Anm. d. Red.] bin ich unfairer Weise nicht mitgenommen worden und dann habe ich alles daran gesetzt, noch besser zu werden. 2013 war dann ein super Jahr, 2014 haben mich meine Achillessehnenbeschwerden wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Das war schwer, denn wenn man einen Lauf hat, dann läuft‘s. Wenn man aber erstmal gebremst worden ist, geht man nicht mehr so selbstverständlich in einen Wettkampf. Da habe ich neulich eine interessante Beobachtung gemacht. Früher habe ich auf die Frage: „Wie fühlst du dich, wie wird dein Wettkampf?“, geantwortet: „Gut. Ich freue mich voll, das wird cool.“ Und jetzt sage ich: „Man wird sehen, wie es läuft.“ Es fängt eben schon beim Auftreten und der Einstellung an. Da ist momentan noch ein bisschen der Wurm drin.

netzathleten.de: Hast Du einen Mentaltrainer mit dem Du solche Dinge besprichst?
Inna Weit: Nein. Ich bin nicht so der Fan davon. Ich glaube, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Als Physiotherapeutin bin ich auch immer ein bisschen Psychologin bei meinen Patienten. Aber ich weiß, dass ich mich selbst darauf nicht einlassen könnte. Ich muss das mit mir selbst ausmachen und meinen eigenen Ausweg finden.

netzathleten.de: Als Leistungssportler lebst Du für den Sport. Wie gestaltet sich ein klassischer Trainingstag bei Dir, beispielsweise in der Aufbauphase?
Inna Weit: Das ist natürlich immer von Trainingsphase zu Trainingsphase unterschiedlich. In der Aufbauphase gehe ich früh ins Bett, schlafe mich gut aus, frühstücke gesund. Dann geht es zum ersten Workout, dann komme ich nach Hause, koche mir etwas zu Mittag. Dann geht es eventuell noch zur Physiotherapie, anschließend bin ich nochmal kurz daheim, muss dann zum zweiten Training und dann geht es nach dem Abendessen auch schon wieder ins Bett. Leistungssport ist ja eigentlich ein 24-Stunden-Job.

netzathleten.de: Wie gestaltet sich für Dich als Sprinterin das Training selbst, wo liegen die Schwerpunkte?
Inna Weit: Unser Training ist sehr schnellkräftig, aber im Grunde machen wir alles. Eine Woche sieht zum Beispiel so aus: Montag stehen Krafttraining und Sprungtraining auf dem Plan, Dienstag kommt dann etwas ruhiges, beispielsweise ein lockerer Dauerlauf und ausgiebiges Dehnen, damit meine Beweglichkeit gut ist. Am Mittwoch sind dann Sprint- und Tempoläufe geplant, donnerstags wieder Krafttraining, Freitag Technik und Samstag wird nochmal richtig gepowert, weil am Sonntag frei ist.

netzathleten.de: Sonntag ist also Dein typischer Ruhetag. Aber Du streust doch sicherlich auch sonst welche ein, oder?
Inna Weit: Ich versuche natürlich darauf zu achten, dass ich mich nicht kaputt trainiere und auch immer wieder Pausen einzulegen. Aber ganz ehrlich: Ich tue mir da sehr schwer. Ich habe Schnupfen und denke mir: „Komm, das geht schon.“ Eigentlich müsste man mit dem Alter vernünftiger werden, aber das hat bei mir noch nicht so ganz geklappt (lacht).

netzathleten.de: Und welche Übungen kommen zum Einsatz, wenn Du beispielsweise Deine Sprungkraft trainierst?
Inna Weit: Das sind verschiedene. Da sind harte Treppensprünge dabei, einfache Diagonalsprünge, Kastensprünge, Hürdensprünge. Es ist aber auch immer ein bisschen vom Trainingsziel abhängig. Wollen wir einen schnellen Fuß bekommen oder wollen wir Kraft aufbauen.

netzathleten.de: Du bist selbst Physiotherapeutin. Inwieweit hilft Dir Deine Erfahrung aus Deinem Beruf im Sportlerleben?
Inna Weit: Ich würde eher sagen, sie hilft den Sportlern, die ich behandle, weil ich mich in sie hineinversetzen kann und mein Übungsrepertoire viel größer ist. Bei mir selbst bin ich die schlechteste Physiotherapeutin der Welt. Ich denke mir einfach zu oft: „Stell dich nicht so an, das geht schon“ und gehe dann meistens zum Physiotherapeuten, wenn es schon zu spät ist. Ich weiß, dass das eigentlich total unvernünftig ist.

netzathleten.de: Und als Physiotherapeutin schimpfst Du dann Deine Patienten, wenn sie zu spät kommen?
Inna Weit: Ne, ne. Aber wenn sie fragen, wann sie wieder mit Sport anfangen dürfen, dann frage ich immer, ob die Physiotherapeutin oder die Sportlerin aus mir sprechen soll (lacht).

netzathleten.de: Nun ist die Olympiaquali noch nicht geschafft, wie viele Wettkämpfe stehen jetzt noch an?
Inna Weit: Das entscheidet sich von Wettkampf zu Wettkampf, aber es sind noch einige geplant. Ich merke, dass ich mich von Wettkampf zu Wettkampf verbessere. Ich mache zwar noch technische Fehler, aber mein Trainer sagt, mit diesen Fehlern wäre ich früher viel langsamer gelaufen. Ich hoffe, dass ich jetzt einfach mal einen sauberen Lauf hinkriege und von der Bahn gehen kann, mit dem Gefühl, genau so gelaufen zu sein, wie ich es trainiert habe.

netzathleten.de: Na dann drücken wir alle Daumen!

Kontakt

Copyright © 2017 netzathleten