Skisprungtrainer Pointner: Wärmeanwendungen sind Baustein des Erfolgs martinlugger.com

Skisprungtrainer Pointner: Wärmeanwendungen sind Baustein des Erfolgs

  • Kristin Hierl
Mit zehn WM-Titeln, sechs Gesamtweltcup-Erfolgen und acht Siegen bei der Vierschanzentournee ist Alexander Pointner der erfolgreichste Trainer in der Geschichte des Skispringens. In seiner täglichen Arbeit mit den österreichischen Skispringern setzt er dabei auch auf Wärmeanwendungen. Deshalb haben wir uns mit Pointner ausführlicher über sein Geheimrezept unterhalten.

netzathleten.de: Herr Pointner, wie kamen Sie eigentlich auf die Idee, Wärmeanwendungen beim Skispringen einzusetzen?

Alexander Pointner: Nun, heutzutage reicht es nicht mehr, nur Gas zu geben - das tun alle. Daher versuchen wir seit längerem mit gezieltem Bremsen Leistungssteigerungen zu erzielen. Denn intensive, gut geplante Regeneration gehört im modernen Spitzensport genauso dazu wie hartes körperliches Training. Deshalb haben wir uns auf verschiedenen Ebenen Gedanken gemacht, unter anderem auch im Bereich der Wärmeanwendungen. Dazu haben wir uns mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern von Physiotherm zusammengesetzt und verschiedene Dinge ausprobiert. Erstmals hatten wir dann eine ihrer Wärmekabinen bei der WM 2009 in Liberec dabei. Nachdem diese dort und auch auf privater Ebene gut funktionierte, kam die Kooperation mit dem österreichischen Skiverband zustande.

netzathleten.de: Die Wärmeanwendungen werden also nicht nur im Skispringen eingesetzt?

Alexander Pointner: Nein, auch bei den Alpinen und im ganzen nordischen Sektor kommen Infrarotstrahler zum Einsatz. Ich sage deshalb explizit Infrarotstrahler, weil wir bei Großveranstaltungen zwar die Möglichkeit haben, Kabinen aufzubauen, aber nicht immer unter der Saison. Wir sind jedoch eine Freiluft-Sportart, in der es oft kalt ist. Da kommen dann häufig Infrarotstrahlen zum Einsatz, die wir mobil verwenden können. Die Nutzung der Wärmeanwendungen war sicherlich auch ein Baustein, der uns zu den ganzen Erfolgen geführt hat.

netzathleten.de: Was versprechen Sie sich denn konkret von den Wärmeanwendungen? Wann genau sollen Sie helfen?

Alexander Pointner: Ich spreche da konkret einmal die gesamte Regeneration an. Die Sportler können durch die Wärmeanwendungen nach starkem körperlichen Training und hoher psychischer Belastung schneller regenerieren. Das geschieht einmal auf der körperlichen Ebene - durch die effektive Behandlung mit den Infrarotstrahlen - aber auch auf der psychischen Ebene kommt es zu einer besseren geistigen Regeneration. Wärmekabinen sind in der Anwendung sehr angenehm, weil man zu einem absolut entspannten Zustand kommt. Das innere Wärmegefühl trägt ebenso dazu bei, dass man schneller und effektiver regeneriert.

netzathleten.de: Sie sprechen bereits an, dass Sie die Wärmeanwendungen zur Regeneration einsetzen. Verwenden Sie sie denn eher in der Trainingsvorbereitung, vor oder nach den Wettkämpfen?

Alexander Pointner: Das ist ganz unterschiedlich. Angefangen haben wir damit abends zur Regeneration nach einem anstrengenden Tag. Dann haben es Athleten individuell vor Wettkämpfen und Trainingseinheiten genutzt, um ihre Muskulatur darauf vorzubereiten, Höchstleistungen zu bringen. Später wurde es auch eingesetzt, um Verletzungen vorzubeugen und, falls es doch einmal zu Verletzungen gekommen ist, in der Rehabilitation, um schneller wieder fit zu werden. Die Anwendungsgebiete sind breit gefächert, da die Wärmeanwendungen sehr vielseitig einsetzbar sind.

netzathleten.de: Sie setzen die Wärmeanwendung also auch nach Verletzungen ein. Wie sieht das konkret aus?

Alexander Pointner: Nun, falls es zu einer Verletzung gekommen ist, setzt man das natürlich nicht unmittelbar danach ein. Denn zunächst muss man schauen, dass es nicht zu Ergüssen kommt. Aber wenn das Gewebe halbwegs in einem stabilen Zustand ist, hilft die Wärme enorm in der Wiederherstellung der verletzten Gewebe oder auch bei anderen Verletzungen.

netzathleten.de: Wie haben die Sportler auf die Einführung der Infrarot-Wärmekabinen reagiert? War der eine oder andere zu Beginn ein wenig skeptisch?

Alexander Pointner: Also bei mir ist in allen Kadern so, dass ich niemanden etwas aufdränge. Ich empfehle nur Dinge. Und die Sachen, die ich empfehle, habe ich selber getestet oder mein engster Beraterkreis hat damit positive Erfahrungen gemacht. Im Falle der Wärmekabinen hat Gregor Schlierenzauer parallel bereits privat intensiv mit den Wärmekabinen gearbeitet. Zeitgleich hab ich mich damit beschäftigt und es ausprobiert. Diese Erfahrungen führten schließlich dazu, die Wärmekabinen bei Großveranstaltungen einzusetzen bis hin zu den detaillierten Anwendungsbereichen heute.

netzathleten.de: Gibt es Skispringer in ihrem Team, die die Wärmekabinen intensiver nutzen als andere, die sie vielleicht nur sporadisch einsetzen? 

Alexander Pointner: Mittlerweile gibt es eigentlich keinen Springer mehr, der sie privat nicht nutzt. Ob ein Gregor Schlierenzauer oder ein Andreas Kofler - alle haben mittlerweile eine Wärmekabine privat zur Verfügung, weil sie von ihrem Nutzen überzeugt sind.

netzathleten.de: Werfen wir abschließend noch einen kurzen Blick auf die bevorstehende Olympia-Saison: Wie zufrieden sind Sie mit der Vorbereitung und wie ist die Form ihrer Springer?

Alexander Pointner: Ich bin sehr zufrieden mit dem Leistungsstand meiner Athleten. Gerade bei einer Olympia-Saison ist es sehr wichtig zu wissen, dass man alle Hausaufgaben gemacht hat. Wir haben eine etwas andere Vorbereitung als in den letzten Jahren absolviert. So haben wir die ersten zwei Drittel des Sommer-Grand-Prix´ zum Großteil ausgelassen und sind erst im letzten Drittel in die Wettkämpfe eingestiegen. Wir sehen uns für die Saison gerüstet. Nachdem Norwegen letzte Saison unsere Rekordserie von acht Siegen in Folge durchbrochen hat, werden wir in dieser Saison alles daran setzen, den Nationencup wieder nach Österreich zu holen.

netzathleten.de: Beim Sommer-Grand-Prix hat Deutschland den Nationen-Cup und Andreas Wellinger die Einzelwertung gewonnen. Auch wenn es „nur“ der Sommer war: Wie stark schätzen Sie die deutschen Springer in diesem Jahr ein?

Alexander Pointner: Es ist kein Geheimnis mehr, dass die deutsche Mannschaft sehr gute Athleten hat. Das hat man in den letzten beiden Sommern gesehen. Auch im Winter gab es schon einige Einzelerfolge. Das ist ähnlich wie bei anderen Nationen, wie in Polen und Norwegen. Diese haben es in den letzten zwei Jahren sogar geschafft, den Gesamtweltcup oder Weltmeister-Titel einzufahren. Der große Titel ist den Deutschen seit der Hannawald- und Schmitt-Ära vor fast einem Jahrzehnt verwehrt geblieben. Das wär natürlich der große Durchbruch, auf demn sehr intensiv hingearbeitet wird. Und es gibt in dieser Saison einige Höhepunkte, bei denen die Deutschen sicher auch ein Wörtchen mitreden werden.

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