Rezension: „Bis ans Limit und darüber hinaus. Faszination Extremsport.“ Foto Kletterer: www.shutterstock.com/Galyna Andrushko

Rezension: „Bis ans Limit und darüber hinaus. Faszination Extremsport.“

  • Alexandra Grauvogl
„Lauter Irre!“ So beurteilen viele Menschen Extremsportler, die nur mit einem Rucksack bepackt 240 Kilometer durch die Wüste laufen, Speed-Besteigungen auf die höchsten Gipfel der Welt unternehmen oder zwölftägige Radrennen quer durch die USA absolvieren. Die Frage, was diese Menschen zu solchen Leistungen an treibt, steht im Raum. Iris Hadbawnik versucht in ihrem Buch Antworten zu finden und räumt dabei gleichzeitig mit Vorurteilen auf.

Anhand eines gut recherchierten Einstiegs, der um die Fragen „Was ist Extremsport eigentlich?“ und „Warum machen Menschen so etwas?“ kreist, führt Iris Hadbawnik auf den Kern des Buches hin. Den Leser erwarten dort zehn Portraits von faszinierenden Persönlichkeiten, die sich – nicht nur sportlich gesehen – großen Herausforderungen stellen und sich im Grenzbereich ihrer körperlichen und mentalen Belastbarkeit bewegen. Schließlich stellt Hadbawnik im dritten Teil ihres Buches bedeutende Extremsport-Wettkämpfe vor.

Was ist Extremsport?

Zur Beantwortung dieser Frage versucht Iris Hadbawnik sich an Definitionen aus etymologischer Sicht und berücksichtigt Umfragen sowie Aussagen von „Extremsportlern“, die sich selbst oft gar nicht als extrem wahrnehmen oder bezeichnen. Denn das, was als extrem gilt, ist auch eine Frage des Vergleichs – oft empfinden wir das als extrem, was der andere mehr macht als man selbst – und verändert sich von mit der Zeit. So galt es vor einem Jahrzehnt noch als extrem einen Marathon zu laufen – heute ist dies nahezu ein Volkssport.

Die Frage nach dem Warum

Was bringt die Menschen dazu, große physische Strapazen auf sich zu nehmen und hohe Risiken für Gesundheit oder sogar das Leben einzugehen? Hadbawnik spricht mit unterschiedlichen Sportlern über ihre Motivation und ihren Umgang mit gescheiterten Projekten, wie zum Beispiel dem Bergsteiger Christian Stangl. Der Österreicher musste nach einem Versuch den K2 zu besteigen einräumen, dass er den Gipfel nie erreichte, sondern sich lediglich in einer Art Trancezustand einbildete, den Berg bezwungen zu haben. Die Presse hatte seinen mutmaßlichen Erfolg bereits gefeiert.

Extremsportler-Portraits

Im Zentrum des Buches stehen die Geschichten einzelner Extremsportler, die sich als sehr disziplinierte, intelligente Menschen mit großem Organisationstalent präsentieren. Viele schaffen es, Beruf, Familie und langwieriges Training sowie mehrwöchige Wettkämpfe unter einen Hut zu bringen. So auch die gebürtige Amerikanerin Brigid Welfenberg, die mit 20 Jahren nach Deutschland kam und studierte. Heute ist sie alleinerziehende Mutter, koordiniert ihr Ausdauertraining rund um Kinder und Beruf und startet regelmäßig beim Marathon des Sables in Marokko (240km durch die Wüste in sechs Etappen) und anderen Wüstenläufen. Wie sie das hohe Startgeld von 3000 Euro auftreibt wird amüsant geschildert, hatte Brigid doch enormes Glück – dank eines verpassten Buses…

Auch Guido Kunze ging in Marokko an den Start, musste bei seiner ersten Teilnahme 2001 allerdings bitteres Lehrgeld bezahlen, da er die Verhältnisse in der Wüste unterschätzte. Er brach zusammen und wurde nur durch Glück von einem Fernsehteam völlig erschöpft und orientierungslos aufgefunden. Doch ein Jahr nach diesem Erlebnis ging Kunze wieder an den Start. Ausführlich erzählt Hadbawnik von seinen faszinierenden Erfahrungen beim „Race Across America“ – unvorstellbare 5000 Kilometer mit dem Rad von der Ost- bis zur Westküste mit einer Gesamthöhendifferenz von über 30000 Höhenmetern. Seine Familie begleitete ihn als Teil des Betreuerteams auf der Höllentour, bei der er mit tauben Händen, extremen Temperaturschwankungen und Tornados zu kämpfen hatte. Nach zwölf Tagen und 37 Minuten erreichte er das Ziel.

Zwei von insgesamt zehn Persönlichkeiten, deren Leistungen man selbst als Skeptiker des Extremsports anerkennen muss. Vorgestellt werden außerdem Ultratriathlet Beat Knechtle, Wissenschaftler und Ausdauer-Fanatiker Frank Hülsemann, Alpinist Kurt Diemberger, Extremkletterin Ines Papert, BASE-Jumper Hannes Kraft, Kajakerin Freya Hoffmeister, Apnoe-Taucher Tom Sietas und Multi-Sportler Stefan Schlett.

Bedeutende Extremsport Wettkämpfe

Im dritten Teil des Buches liefert Iris Hadbawnik einen Überblick bedeutender Extremsport-Wettkämpfe, wie die bereits angesprochenen „Marathon des Sables“ und das „Race Across America“, aber auch der „Badwater Ultramarathon“. Dazu gibt es Infos über die Streckenführung, Teilnahmegebühren und -voraussetzungen, Siegerzeiten, Ausrüstung etc. sowie Besonderheiten des Wettkampfes und Tipps von anderen Sportlern, die bereits teilgenommen haben. Hilfreich für Sportler, die beim Lesen des Buches vielleicht auf den Geschmack gekommen sind.

Fazit

Iris Hadbawnik, selbst zweimalige Ironman-Finisherin, gelingt es, ihre Faszination für den Extremsport unterhaltsame und fesselnde Weise zu vermitteln. Ob sie bei Skeptikern alle Vorurteile ausräumen kann, ist fraglich. Spannend ist das Buch jedenfalls auch für diejenigen, die gerne die Köpfe schütteln über überdimensionale Streckenlängen, Höhenmeterangaben oder Klimahinweise bei Wettkämpfen wie „Die Tageshöchsttemperaturen können bis zu 55 Grad Celsius erreichen. Auch in der Nacht sinken die Temperaturen nicht merklich unter 30 Grad.“

Über das Buch

Iris Hadbawnik (2011). „Bis ans Limit und darüber hinaus. Faszination Extremsport.“ 1.Auflage. Broschiert, 224 Seiten. Verlag Die Werkstatt GmbH: Göttingen. Preis: 19,90 Euro.

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